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Grober Anklagefehler? Schuldirektor der Burger Diesterweg könnte in 7 von 8 Fällen davonkommen!

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 01.12.2020 / 07:47 Uhr von rp
Dem Burger Diesterwegschuldirektor wird sexuelle Belästigung in acht Fällen vorgeworfen, weshalb er sich seit dem 9. November 2020 vor dem Burger Amtsgericht verantworten muss. In den vergangenen zwei Sitzungen wurden dazu diverse Zeuginnen gehört, die entweder unmittelbar betroffen oder selbst Zeugen eines solchen Übergriffes des Angeklagten gewesen sein wollen. In der vierten Sitzung haben gestern zwei Lehrerinnen vor Gericht ausgesagt. Durch diese Aussagen wurden teilweise die Aussagen der Schülerinnen bestätigt. Beide gehörten Lehrerinnen haben allerdings niemals Übergriffe oder Vorfälle beobachten können. So lief der Prozesstag, wir waren für euch dabei:

Die erste Lehrerin, die ihre Aussage vor Gericht machte, war die ehemalige Klassen- und Vertrauenslehrerin von zwei Zeuginnen.

Sie selbst wurde nach eigener Aussage mit Repressalien durch Kollegen und dem Schuldirektor konfrontiert, als sie die Sache in "die Hand nehmen" wollte. So ezählte sie, nach eigener Aussage damals der stellvertretenden Klassenlehrerin, was die Mädchen dem Rektor vorwarfen. Diese habe ihr davon abgeraten, etwas gegen den Rektor zu unternehmen.

Sie war laut ihrer Aussage froh, dass die Kollegin ihr dann anbot, die Sache zu übernehmen. Doch danach wurde die 58-Jährige durch einige Kollegen, von denen sie dachte, dass sie Freunde wären, derart schlecht behandelt, dass sie selbst psychisch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der Angeklagte selbst soll auch mehrere Gelegenheiten dazu genutzt haben. So habe sie deswegen schlussendlich nach 33 Jahren auch die Schule verlassen und ist nun an einer anderen Schule im Jerichower Land tätig.

Die ehemalige Klassenlehrerin bestätigte dabei die Aussage einer Schülerin, die in der vergangenen Woche ihre Aussage vor Gericht gemacht hat.

So hat nach ihrer Aussage, die damalige Klassensprecherin sie gefragt, ob sie als Beistand, sie ins Büro vom Rektor begleiten könne. Die heute 58-jährige Klassenlehrerin hatte sich damals, laut eigener Aussage nichts dabei gedacht und eine Begleitung zugesagt. Jedoch wusste sie damals nicht, warum die Schülerin nicht alleine gehen wollte. Aber auch sie bestätigte die Aussage der Schülerin, dass der Angeklagte sie wegeschickt hat. Die Zeugin hatte damals gemeint, dass der Angeklagte mitunter sein Büro abgeschlossen hat, um dann angeblich der Schülerin am Po zu kneten. [Wir berichteten]

Zudem bestätige sie, dass etwas später diese Klassensprecherin und zwei weitere Schülerinnen kurz vor den Herbstferien, sie nach der Stunde im Klassenzimmer aufsuchten, um ihr von den Vorkommnissen zu berichteten, dass der Angeklagte sie des Öfteren an den Po fassen und unsittlich berühren würde.

Ein weiteres mutmaßliches Opfer der sexuellen Belästigung des Angeklagten

Die andere Zeugin des gestrigen Tages, die auch nicht mehr Lehrerin an der Burger Diesterwegschule ist, berichtete über eine weitere Schülerin, die sich mit ihrer Mutter an sie gewandt habe und ebenfalls darüber berichtete, dass der Angeklagte sie unangenehm im Sportunterricht berührt habe.

Diese Schülerin gehörte nach Aussage der Lehrerin nicht zu den Zeugen, die vor Gericht aussagten und war auch zum damaligen Zeitpunkt eine Klassenstufe unter den anderen Mädchen, die sich schließlich ihrer Klassenlehrerin anvertrauten.

Beide Lehrerinnen bestätigten auch durch ihre Aussagen, dass die Mädchen sich darüber beschwerten, dass der Angeklagte sich mehrfach beim Umziehen der Mädchen in deren Umkleide aufgehalten haben soll. Wie die Zeuginnen aussagten, soll der Angeklagte als Vorwand die Mädchen um Eile angehalten haben. Diese Aussage wurde ebenfalls durch die heutigen Zeuginnen bestätigt, die allerdings auch nur durch die Mädchen darüber informiert wurden.

Sind die meisten Zeugen Aussagen umsonst gewesen?

Dies könnte man jetzt vermuten, wenn es so kommt, wie es der Anwalt des Angeklagten vorgesehen hat. In seiner Ansprache gegenüber dem Richter sagte der Anwalt des Angeklagten: „Es ist fast egal, ob sein Mandant schuldig gesprochen würde, denn er wurde medial geschlachtet. Insbesondere durch ein Medienportal wurde er auf bösartigste Weise verbrannt“, so Ronni Krug.

Zudem sei sein Mandant zum §184i StGB angeklagt. Dieser Paragraph wurde erst im November 2016 eingeführt. Aufgrund des Rückwirkungsverbotes, kann sein Mandant nicht für die Vorgänge vor dem November 2016 angeklagt werden, so der Anwalt. Daher sah er es auch nicht als notwendig an, die vier Kollegen, die für seinen Mandanten in der nächsten Woche aussagen sollten, noch zu laden. Denn diese hätten wohlmöglich die bisherigen Zeugenaussagen entkräftet, was den Anwalt Krug, nach seiner Aussage dazu gebracht hätte weitere Strafanträge wegen Falschaussagen zu stellen. Zum Schutz der Zeugen könne man sich das dadurch ersparen, so sinngemäß Ronni Krug.

Krug sieht lediglich nur noch einen Vorfall aus 2017, der seinem Mandanten zur Last gelegt werden kann. Die Staatanwältin selbst pflichtete dem Anwalt Krug größtenteils bei, sah aber drei rechtlich verfolgbare Vorfälle, statt nur einen.

Durch dieses Rückwirkungsverbot, würden nach der Aussage der Staatsanwältin fünf Vorfälle nicht ins Urteil des Gerichtes einfließen. Richter Baumann bestätigte diese Gesetzmäßigkeit des frisch eingeführten Paragraphen und dessen Rückwirkungsverbotes. Baumann sagte dann noch, dass das Anhören der vier Zeugen in der nächsten Woche wohlmöglich nix mehr am Urteil des Gerichtes ändert, da diese Zeugen vermutlich keine unmittelbaren Zeugen von Vorfällen gewesen sind.

Die Staatsanwältin fügte abschließend noch an, dass sie darüber nachdenke, einen Antrag auf Paragraph 70 StGB. zu stellen. Dieser Paragraph würde dann für den Angeklagten das Berufsverbot bedeuten. Final entschieden habe sich die Staatsanwältin allerdings noch nicht.

Fazit: Bleibt abzuwarten, was in den nächsten Wochen geschieht. Am Montag wird die Gerichtsverhandlung fortgesetzt. Auch wenn der Anwalt Krug hier seinen Mandanten bereits als vorverurteilt und verbrannt sieht, hängt die Gewichtung aller Aussagen schwer.

Zu den vermeintlichen Vorfällen in der Burger Diesterweg Sekundarschule, soll es nach Aussage der gestern gehörten Klassenlehrerin, am vorherigen Anstellungsplatz des Angeklagten, an einem Gymnasium in Weferlingen, noch weitere Vorfälle gegeben haben. Dies will die 58-Jährige von einer ehemaligen Kollegin erfahren haben, die es wiederum von ehemaligen Kollegen des Angeklagten aus Weferlingen erzählt bekommen habe.

Solange es dazu aber keine Bestätigung durch unmittelbare Zeugenaussagen gibt, ist diese Aussage als reine Spekulation zu sehen und sollte keine Gewichtung für das Urteil haben. Zudem wären diese zusätzlichen Anschuldigungen vermutlich auch unter dem Anklagepunkt §184i nicht rechtlich haftbar, wenn sie denn dessen Tatbestand entsprechen würden. Besser wäre wohlmöglich eine generelle andere Anklage, wie z.B. nach §174 des StGB. gewesen, der weit aus länger Bestand in der Deutschen Rechtsprechung hat und somit alle Vorwürfe zeitlich gedeckelt hätte.

Unschuldsvermutung ist geboten!

Der Direktor ist, solange das Gericht nichts anderes feststellt und ein rechtskräftiges Urteil gesprochen wurde, als unschuldig zu sehen.

Sicherlich wird eine Berichterstattung in solchen Fällen immer kritischer interpretiert als andere Themen, gerade weil ein schlimmer Vorwurf im Raum steht. Wir werden dennoch unserer Art der Berichterstattung treu bleiben und im Interesse der Öffentlichkeit, ohne Wertung und Meinungswiedergabe Bericht erstatten. Ob der Direktor schuldig oder unschuldig gesprochen wird, dass erfahrt ihr bei uns.

Ein Urteil soll voraussichtlich am 14. Dezember durch das Amtsgericht Burg gefällt werden. Sollte der Angeklagte verurteilt werden, hätte der Direktor noch das Rechtsmittel der Berufung, welche dann vor dem Landgericht verhandelt werden müsste.

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