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Landwirtschaft steht vor vielen Herausforderungen: Sonder-Agrarministerkonferenz fasst weitreichende Beschlüsse – wird der Plan nun genehmigt?

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 29.07.2022 / 15:20 Uhr von cl/pm
Gestern haben sich die Agrarminister der Länder zu einer Sonderkonferenz getroffen [wir berichteten]. Nach Anmerkungen der Europäischen Kommission, mussten die Beschlüsse zur Gemeinsamen Agrarplanung (GAP) überarbeitet werden. Nun hoffen die Länder, dass der Bund den Strategieplan schnellstmöglich erneut einreicht. Die Lage ist nach Aussagen von Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze ernst: durch den starken Verzug geraten die Landwirte bei ihrer Anbauplanung zunehmend in Bedrängnis. Was kann und darf ab 2023 wie angebaut werden? Wichtige Beschlusspunkte haben wir euch hier zusammengestellt:

Regelungen zum Fruchtwechsel auf Ackerland
Folgende Regelung für den Fruchtwechsel auf Ackerflächen wird nach Beschluss der Sonderkonferenz eingeführt:
- Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung Ausnahmen festlegen für den Anbau von Mais zur Herstellung von anerkanntem Saatgut, von Tabak und von Roggen (Ausnahme für Roggen ist noch durch die Europäische Kommission zu bestätigen).
- Insbesondere im Gemüseanbau kann der Fruchtwechsel auch durch den Anbau einer Zweitkultur erfolgen. Der beetweise Anbau verschiedener Gemüsekulturen, der im Gemüseanbau oft mit Sammelcodes codiert wird, erfüllt die Vorgaben des Fruchtwechsels. Trotz Nutzung des gleichen Sammelcodes sind daher in einer solchen Fallkonstellation die Vorgaben des Fruchtwechsels erfüllt.
Weiterhin wurde beschlossen, dass auf den restlichen Ackerflächen ein Wechsel der Hauptkultur spätestens im dritten Jahr stattfindet. Erstmal wird das 2024 der Fall sein.

Das Bundesministerium wird seitens der Länder gebeten, sich weiterhin gegenüber der Europäischen Kommission in Brüssel dafür einzusetzen, dass Winterung und Sommerung derselben Kulturart als zwei Kulturen anerkannt werden und somit der aufeinanderfolgende Anbau als Fruchtwechsel zählt, heißt es in dem Beschlusspapier.

Regelungen zum Mindestanteil nicht-produktiver Flächen
Die positive Umweltwirkung der sogenannten nicht-produktiven Flächen, umgangssprachlich auch Brachflächen genannt, soll gesteigert werden. Dazu gilt folgende neue Regel: das Datum der frühestmöglichen Wiederaufnahme der Erzeugung wird vom 15. August auf den 01. September verschoben.

Im Gegenzug wird eine neue Ausnahmeregelung aufgenommen, dass die Vorbereitung und unmittelbar folgende Einsaat von Winterraps und Wintergerste bereits ab dem 15. August erfolgen kann, ohne zusätzliche Anzeigepflicht für die Landwirte, so der Beschluss aus der Agrarministerkonferenz. Zur erforderlichen Begrünung der Brachflächen wird neben der Selbstbegrünung auch eine aktive Begrünung durch Aussaat zugelassen. Weitere Details dazu findet ihr in dem Beschlusspapier, das wir euch unter dem Beitrag hochgeladen haben.

Prämienbeträge für den Anbau vielfältiger Kulturen und Verzicht auf Pflanzenschutzmitteleinsatz
Die Prämienhöhe für die Öko-Regelung „vielfältige Kulturen im Ackerbau“ wird auf der Grundlage aktualisierter wissenschaftlicher Studien von 30 auf 45 Euro pro Hektar angehoben. Das heißt, Landwirte bekommen eine höhere Prämie, wenn sie vielfältige und nicht ausschließlich die Standard-Kulturen wie Kartoffeln oder Mais anbauen. Dafür werden zwar Mittel in anderen Bereichen gekürzt, die Regelung soll aber die Importabhängigkeit von Eiweißpflanzen verringern.

Es soll einen Anwendungsverzicht für Pflanzenschutzmittel geben. Der Anwendungsverzicht gilt bei den einbezogenen Sommerkulturen für den Zeitraum bis zur Ernte der betreffenden Kultur, jedoch mindestens bis zum 31. August des Antragsjahres. Die Minister sehen sich in diesem Zuge aber auch in der Pflicht, ein Beratungsangebot zu Bewirtschaftungsmethoden ohne Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu realisieren, heißt es im Beschluss der Sonderkonferenz.

Die weiteren wichtigen Punkte findet ihr in dem Beschlusspapier unter dem Beitrag.

Sachsen-Anhalt fordert 1:1 Umsetzung des Plans
In der Protokollerklärung fordert das Land Sachsen-Anhalt neben den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen den Bund auf, die Vorgaben 1:1 umzusetzen. Damit würde man einen weltweiten Beitrag zur Verbesserung der Ernährungssituation leisten.

Der Bund versichert, die offenen Fragestellungen zu Ausnahmeregelungen in den kommenden Wochen zu klären und einen Vorschlag zum weiteren Verfahren vorzulegen.

Damit gibt es für zahlreiche Landwirte nun endlich einen Lichtblick, wie es ab 2023 weitergeht. Zwar ist der endgültige Plan noch nicht final beschlossen, mit der Sonderkonferenz haben die Agrarminister jedoch wichtige Linien vorgegeben, die nun zunächst als Richtschnur genommen werden können.

Dazu sagt Sven Schulze, Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt: „Jetzt geht der klare Auftrag an den Bund für die Verhandlungen. Die Bauern vertrauen darauf, dass jetzt schnell gehandelt wird“. Er bedankte sich in der gestrigen Pressekonferenz besonders bei den Landwirten, die aktuell bei hohen sommerlichen Temperaturen auf den Feldern arbeiten und die Ernte einfahren. Sie würden einen großen Teil zur Ernährungssicherheit beitragen.

Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, sagt dazu: „Natürlich hätte ich mir für die Land-wirtinnen und Landwirte diesen Schritt schon viel früher gewünscht. Die Ernte läuft bereits und die Landwirtschaft muss wissen, woran sie im nächsten Jahr ist. Hier geht es um sehr viel Geld für diese systemrelevante Schlüsselbranche und auch für den ländlichen Raum.

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, ergänzt: „Ich bin sehr zufrieden, dass die Länder unseren Kurs beim GAP-Strategieplan unterstützen und wir nun endlich weitermachen können. Das ist ein wichtiges politisches Signal in zwei Richtungen: Nach Brüssel zur EU-Kommission und für die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland, die nun die verdiente Planungssicherheit bekommen. Was wir nun in Brüssel einreichen, ist soweit abgestimmt mit der Kommission, dass die Genehmigung nur noch Formsache ist. Wir können jetzt die nötigen Anpassungen in den Verordnungen zu den Direktzahlungen und zur Konditionalität angehen. Für die Wiedereinreichung des Strategieplans sind wir zudem auf die aktualisierten Zuarbeiten der Länder beispielsweise zu Konkretisierungen bei der zweiten Säule oder bei den Finanztabellen angewiesen.

Dokumente


Bilder

Symbolbild, Quelle: pixabay.com
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