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Genthiner Stadtrat demontiert sich selbst, Bürgermeister Günther ist der Gewinner

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 01.05.2021 / 16:15 Uhr von rp
Der Genthiner Stadtrat ist gespalten, wie sehr, dass zeigte die Sitzung des Stadtrates am vergangenen Donnerstag, in der es eigentlich um die Einleitung eines Abwahlverfahrens gehen sollte. Doch weit gefehlt, was sich den Gästen und der anwesenden Presse darstellte, war ein zutiefst gespaltener Stadtrat, der teilweise eigene Befindlichkeiten als Gründe zu seinen Entscheidungen nennt. Wir haben für euch die zweistündige Sitzung mit den wichtigsten Fakten zusammengefasst, zudem könnt ihr alle namentlichen Abstimmungen nachverfolgen, um euch ein eigenes Bild zu machen, wer eure Interessen vertritt und wer nicht.

Dabei war von Anfang an klar, wer denn die Abstimmungen unterstützen würde und wer nicht. Die Grünen selbst wollten den Einleitungsantrag zur Abwahl nicht unterstützen, sondern wollten Bürgermeister Matthias Günther (parteilos) einen Berater an die Seite stellen. Dieser Berater sollte laut Beschlussvorlage, die durch den Bürgermeister selbst eingebracht wurde, Günther 14 Tage lang begleiten und ca. 21.000 Euro kosten.

Aber auch der zweite Antrag, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens, der direkt von den Grünen kam, hätte als Konterantrag zur Einleitung eines Abwahlantrages verstanden werden können. Vielmehr betonte Lutz Nitz (Die Grünen) für seine Fraktion, dass es keine ausreichenden Begründungen für ein Abwahlverfahren des Bürgermeisters geben würde. Seine Fraktion unterstütze zusammen mit den „LINKEN“ einen Antrag, der ein, vermutlich langwieriges, Disziplinarverfahren eingeleitet hätte, was sich schlimmstenfalls noch Jahre hingezogen hätte.

Dieses Disziplinarverfahren hat allerdings nur wenig mit den eigentlichen Begründungen von Sebastian Hahns (Pro Genthin) Antrag auf Einleitung eines Abwahlverfahrens zu tun gehabt. Denn dieser betitelte einen Entwicklungsstillstand Genthins und ein Abbruch der Beziehungen zum Landkreis und den Nachbargemeinden. Auch brachte der Antrag den Unmut der 18 Stadträte, die den Rücktritt Günthers forderten, zum Ausdruck, dass eine Zusammenarbeit mit Matthias Günther unmöglich erscheint, was in der Aussage Günthers auf einer Sitzung zum Haushalt gipfelte: „Ihr könnt hier beschließen, was ihr wollt, dem werde ich nicht folgen“. Damit hatte Günther, offiziell, seinen direkten Dienstherren, dem Stadtrat, die Gefolgschaft verweigert, woraus dann die Forderung seines Rücktritts und schlussendlich der Antrag auf ein Abwahlverfahren resultierte.

Bürgermeister entschuldigt sich für Beleidigung, wirft aber narzisstisches Verhalten vor

Der Bürgermeister nahm zu Beginn Stellung zur Tagesordnung und meldete danach sein Mitwirkungsverbot an.

Man sei, laut Günther, auf ihn zugekommen und habe ihm einen Berater in Aussicht gestellt.

Günther sah selbst keinen Anlass für eine Abwahl seiner Person und wies in seiner Stellungnahme alle Vorwürfe zurück und nannte diese unbegründet. Er sieht nach eigener Aussage allerdings einen Berater als eine Investition und befürwortet diese Möglichkeit. Auch dem Antrag auf ein Disziplinarverfahren stimmte Günther im Vorfeld zu, da er sich nichts vorzuwerfen habe und alle Vorwürfe rückhaltlos wären.

Dann brachte er eine Entschuldigung und eine Unterstellung im gleichen Atemzug. So sagte er: „Destruktive Kritik, Geringschätzung und Entwertung, gar narzisstisches Verhalten hat offensichtlich Konjunktur“. Danach entschuldigte der Bürgermeister sich bei denjenigen, bei denen er vermutlich eine Linie überschritten hat. „Denen, denen ich Unrecht zugefügt habe, bitte ich hiermit um Verzeihung“. Er bot jedem Stadtrat seine Unterstützung bei seiner Stadtratsarbeit an, egal welche Haltung er ihm gegenüber hat.

Kalkül von Günthers Befürwortern

Im angestrebten Disziplinarverfahren sollten alle Vorwürfe auf die Probe gestellt werden. Zudem hätte Lutz Nitz gerne ein Disziplinarverfahren in Eigenregie des Stadtrates gewusst, denn nach seiner Aussage, hätte man dann selbst bestimmen können, was geprüft wird. „Würde der Landkreis ein Disziplinarverfahren führen, hätte man kein Mitspracherecht“, so Nitz.

Wenn sich beim Disziplinarverfahren rechtliche Verfehlungen herausstellen würden, wäre seine Fraktion bereit, einer Abwahl zuzustimmen.

Befindlichkeiten, weil man nicht informiert war

Wie Nitz ausführte, hätten seine Fraktionsmitglieder vermutlich auch heute für eine Abwahl gestimmt, wenn man Sie denn in die vorherigen Pläne eingeweiht hätte, aber mit dieser Art und Weise hatte Nitz seine Fraktion in erster Linie ein Problem.

Die Grünen und Linken waren in das Bestreben eines Abwahlverfahrens involviert

Nach unseren Informationen wusste seine Fraktion zwar nicht, dass eine Rücktrittsforderung seitens der CDU, Pro Genthin und der Fraktion SPD/WG Altenplathow angestrebt wurde, dennoch wussten Lutz Nitz und Gabriele Herrmann (DIE LINKE), um die Bestrebungen eines Abwahlverfahrens. Dazu hatten sich vor der Sitzung, auf der Falk Heidel (Pro Genthin) damals den Rücktritt mit 18 Ratsstimmen forderte, die Fraktionsvorsitzenden bereits ausgetauscht und über ein Abwahlverfahren diskutiert. Schon damals wollten die Linken und Grünen nur einer Abwahl zustimmen, wenn der Bürgermeister die Chance auf einen Berater bekommt. Sollte Günther dann diese Chance ausschlagen, wären die Grünen und Linken zu dem Zeitpunkt wohl für eine Abwahl bereit gewesen.

Lehrer und Schüler, ist das heute noch so?

Es ist nicht verwunderlich, dass Lutz Nitz eine besondere Verbindung zu seinem ehemaligen Schüler Matthias Günther hat. Es zeigte sich auf der Sondersitzung ein noch nie dagewesenes Bild. Gern hatte auch Lutz Nitz in vergangenen Sitzungen immer wieder ein harsches Wort gegenüber seinem ehemaligen Schutzbefohlenen und intervenierte immer da, wo Günther versagte. Aber in der vergangenen Sitzung am Donnerstag zeigte sich, wie sehr ihm wohl daran gelegen ist, Matthias Günther weiterhin im Amt zu wissen. Auch die Bereitwilligkeit Günthers, sich einem Berater hinzugeben, wirken mit den genannten Informationen und Aussagen nachvollziehbar. Schließlich waren es die Ideen und Überzeugungen von Lutz Nitz, die Bürgermeister Günther und Fraktion "DIE LINKE" in Gänze unterstützten. Zudem sprang er mehrfach für Günther in die Bresche und versuchte Stellung zu beziehen, nachdem Falk Heidel (Pro Genthin), Sebastian Hahn (Pro Genthin) und Hubert Schwandt (FFW) und Gordon Heringshausen (CDU) sich für den Antrag auf Abwahl aussprachen und an die Räte appellierten, dem Bürger und Wähler sein Recht auf eine Abwahl oder Bestätigung im Amt zu geben. Das oberste demokratische Gebot auf eine Wahl, stand hier seinerseits stets auf der Gegenseite.

Gabriele Herrmann, Fraktionsvorsitzende (DIE LINKE), nahm zudem Stellung für Ihre Fraktion. So steht auch Ihre Fraktion dem Abwahlantrag entgegen.

Laut Herrmanns Aussage, sieht offenbar auch ihre Fraktion ein Mangel an Fachlichkeit beim amtierenden Bürgermeister, will ihm allerdings finanzielle Freiräume zur Verwaltungsgestaltung bieten. Es ist keine Grundvoraussetzung in Sachen Verwaltung fit zu sein, um zum Bürgermeister gewählt werden zu können, so sinngemäß die Rätin. Vielmehr gibt es laut Herrmann auch hier keine gesetzlichen Regelungen, wie Unwissen denn ausgeglichen werden soll. Laut ihrer Aussage kann man dem Bürgermeister also seine mangelnde Qualifizierung nicht zum Vorwurf machen.

Vielmehr hätte man nach Herrmanns Verständnis, dem Bürgermeister die Möglichkeit geben müssen, seine Verwaltungszusammensetzung frei zu wählen. Als Beispiel nannte Herrmann die juristische Stelle, die man dem Bürgermeister verwehrt hat.

Herrmann formulierte dann noch eine Änderung für den ersten Antrag auf der Tagesordnung zur „Beauftragung von Beratungsleistungen“. Hier wollte Herrmann eine Änderung des Antrages bewirken, sodass der Bürgermeister auch eine kostenfreie Beratung, neben der Kostenpflichtigen, über den „Städte und Gemeindebund“, der Kommunalverwaltung oder der Landesverwaltung bekommt. Diese Änderung hat keine Mehrheit im Stadtrat gefunden, da der Bürgermeister durch die Formulierung des Antrages frei hätte wählen können, ob Geld für die Beratung fließt oder nicht. Eine Korrektur hatte Gabriele Herrmann dann nicht formuliert.

Der Antrag auf die Beauftragung eines Beraters wurde schlussendlich mit 18 Stimmen abgelehnt. LINKE und Grüne waren ausnahmslos dafür, Norbert Müller (CDU) und Gerd Mangelsdorf (CDU) sahen ebenfalls einen Sinn in diesem Antrag. Marc Eickhoff (LWG Fiener) wollte sich nicht positionieren und enthielt sich somit.

Knappe Entscheidung beim Disziplinarverfahren

Es war von Anfang an in der Sondersitzung zu beobachten, dass "DIE LINKE" und die Grünen einen enormen Erklärungsbedarf zu Ihren Entscheidungen hatten und zu jedem Tagesordnungspunkt versuchten, ihren Standpunkt zu verdeutlichen. So führte Nitz zum eigenen Grünenantrag auf ein Disziplinarverfahren aus: „Sind wir ein Stadt- oder ein Ethikrat“. Nach Nitz seiner Meinung, sollte der Bürgermeister nach seinem kommunalrechtlichen Handeln bewertet werden. Daher sieht seine Fraktion ein Disziplinarverfahren als einzige korrekte Möglichkeit vor einem Abwahlverfahren. Gabriele Herrmann brachte hier nochmals ein, dass die Gegenseite lediglich Behauptungen ohne Fakten aufstellt und ein Disziplinarverfahren hier Klarheit schaffen würde. Im gleichen Atemzug betitelte Sie Heidels Aussage als schwammig formuliert.

Falk Heidel (Pro Genthin) lehnte für seine Fraktion das Disziplinarverfahren ab und bezeichnete das Vorgehen einer Minderheit des Stadtrates als großes Taktieren. Er sagte:

„Sehr geehrte Kollegen, lasst uns kurz Inne halten und die Situation schildern. In welcher Situation stehen wir eigentlich im Augenblick? Wie wir wissen, ist es keine große Neuigkeit, das eine Mehrheit der Stadträte den Rücktritt des Bürgermeisters fordert. Wir haben das hier an dieser Stelle kundgetan, wir haben dem Bürgermeister die Chance gegeben, darauf zu reagieren, wie das Ganze ausgefallen ist, wissen wir alle. Also statt des Rücktritts erleben wir hier das große Taktieren. Eine kleine Gruppe möchte mit einer, ich möchte es als fast schon Finte bezeichnen, hier den Bürgermeister aus der Schusslinie bringen“.

Heidel resümierte dann und meinte: „Innerhalb von drei Jahren hat der Bürgermeister sich mit mehreren Instanzen gestritten“. Seiner Auffassung nach fallen ihm nur zwei Themen des Bürgermeisters ein, das wäre die unsägliche Klagewelle gegen die QSG und den Tourismusverein. Dann noch die Verhinderung einer Millioneninvestition der Johanniter am Standort des alten Krankenhauses, die durch unter Denkmalstellung eines Gebäudes auf dem Gelände verhindert wurde. Für ihn gibt es mehrere Gründe, warum dieser Bürgermeister nicht mehr tragbar ist, einige sind davon schon veröffentlicht worden. So wurde seines Erachtens, über 100.000 Euro in sinnlose Klagen gesteckt und man müsse den Vereinen erklären, warum für sie kein Geld da ist. Danach machte er die Frage auf, was die Klagewelle denn der Stadt Genthin gebracht hat und beantwortete sie zugleich „NULL“. Seine Fraktion möchte den Bürgermeister nicht abwählen, sondern der Bürger soll die Möglichkeit bekommen ihn zu bestätigen oder abzuwählen.

Realitätsfremde Aussage soll überzeugen

Aber auch der vermutlich älteste Stadtrat im Jerichower Land, Horst Leiste (DIE LINKE), sprang in die Bresche für Günther. Der ehemalige SPD-Mann, der wegen einer Überwerfung mit der eigenen Partei zur letzten Stadtratswahl 2019 im Eilverfahren bei den Linken einen Sitz bekam, verglich "Äpfel mit Birnen“. So warf er den Abwahlbefürwortern vor, mit zweierlei Maß zu messen. So verglich Leiste das Städteentwicklungskonzept zum Stadtkulturhaus vom vorherigen Bürgermeister Thomas Barz (CDU), mit den Klagekosten Günthers. Barz selbst wollte in seiner letzten Stadtratssitzung 2018 das Stadtkulturhausprojekt in der Jahnstraße zum Abschluss bringen, indem der Stadtrat über die Manifestierung des Standortes befinden sollte. Vorteil dieses Standortes, war eine 80 prozentige Gegenfinanzierung durch Fördermittel und Nutzungsverträge eines 4 Millionen Euro teuren, neuen Stadtkulturhauses. So sollte an der Stelle in der Jahnstraße eine Multifunktionshalle mit mobilen Wänden und modernster Technik entstehen, was Konzerte, Veranstaltungen und andere Dinge gleichermaßen stemmen würde und im täglichen Gebrauch als Sporthalle des Gymnasiums fungiert hätte. Der Landkreis hätte damals rund die Hälfte des Eigenanteils für die Fördermittel übernommen und einen 15- jährigen Nutzungsvertrag in Aussicht gestellt. Da sich die Räte allerdings gegen diese Lösung aussprachen, ist der Landkreis selbst tätig geworden und diese Option ist nun vom Tisch. Vielmehr ist festzuhalten, dass unter Bürgermeister Matthias Günther genau drei Jahre später, derzeit noch kein neues Nutzungskonzept zum Stadtkulturhaus existiert. Leiste meinte als Befürwortungsgrund diesen Sachverhalt für Günther aufführen zu müssen und meinte, keiner hat sich damals beschwert, wieviel Geld in die Projektierungen des Stadtkulturhauses durch Thomas Barz geflossen sind. Im gleichen Atemzug erwähnte Leiste, dass er zwar kein Facebook und Meetingpoint lese, aber darüber Schmutz und Unrechtssachen behandelt werden. Zur Sicherung unserer Aussage, haben wir den damaligen Beschluss zum Stadtkulturhaus unten als Dokument mit angehangen.

Alexander Ottos Rede fasste eindrücklich die empfundene Ist-Situation, in der sich Genthin offenbar befindet, umfangreich zusammen, sodass wir ihn hier fast komplett wiedergeben.

"Viele Aussagen, die hier heute gesagt wurden, gerade in den ersten beiden Tagesordnungspunkten, da kann ich einfach nicht mitgehen. Man muss, wie Dr. Schwandt schon vorhin festgestellt hat, feststellen, dass wir, den Bürgermeister nicht abwählen als Stadtrat. Wir eröffnen dem Bürger die Möglichkeit ihr Votum zu überprüfen und dass auch nicht unbegründet. Entweder habe ich falsche Freunde oder eine komische Familie, aber das Feedback, was ich bekommen habe, in den letzten Monaten und Jahren, tut mir Leid Herr Bürgermeister, ich habe nicht einmal ein positives Feedback zu unserem Bürgermeister bekommen.

Das fängt mit den Auftritten in den „Sozialen Netzwerken“ an und es geht weiter über die Verwaltungsarbeit hier in der Stadt Genthin. Ich habe gerade wieder reingeguckt ins „iPad“, wir haben fast den Monat Mai und wir haben immer noch nicht die Sitzungstermine für das kommende Halbjahr. Das ist nur ein kleines Beispiel, hätte der ehemalige Bürgermeister sowas gebracht damals, na den hätten wir aber vorangetrieben, das kann ich ihnen sagen. Also wir wissen noch nicht, wie wir im September und Oktober Stadtratssitzungen haben. Der Kalender ist leer. Ich finde es wirklich schade, dass man sich immer auf das Beispiel QSG, Tourismusverein fokussiert. Das haben wir die letzten 1,5 Jahre gehört. Aber was in dem Abwahlantrag steht, den wir heute vorliegen haben, da lese ich davon nichts. Da sind andere Sachen, die aufgeführt werden. Die stimmen! Das sind keine Anschuldigungen, das sind die Eindrücke der Bevölkerung, die der Antragssteller oder auch die, die den befürworten, von den Leuten mitbekommen haben und das in einem hohen Umfang. Ich kann mich daran erinnern, dass der alte Stadtrat dem Bürgermeister diverse Chancen gegeben hat, im Rat, in vertraulichen Worten, in Gesprächen zwischen dem Stadtrat und dem Bürgermeister und darauf hingewiesen hat, dass die Arbeit deutlich besser werden muss. Das ist nicht ein Jahr her, sondern schon länger, fast zwei Jahre her. Wir haben mit Engelszungen mit Ihnen gesprochen und haben Ihnen unsere Unzufriedenheit dargestellt und das fraktionsübergreifend.

Jetzt haben wir drei Jahre Herrn Günther im Amt, und sorry, wenn ich rausgucke, und gucke mir die Projekte an, die bisher umgesetzt worden sind, auch aus den Wahlversprechen heraus, auch das, was wir auf der Tagesordnung hatten, da ist nichts passiert. Wir haben ein wunderbares Städteentwicklungskonzept, da habe ich neulich erst wieder drin gelesen, da stehen gute Sachen drin, die angepackt werden sollen, aber davon sehe ich in der Stadtratsarbeit nichts, da sehe ich in der praktischen Umsetzung nichts. Ich bin sauer, weil es einfach nicht funktioniert, ich bin auch sauer, wenn Ideen aus dem Stadtrat kommen, ich habe schon sehr viele Anschuldigungen gehört, in den heutigen Beiträgen. Vom Bürgermeister weg, zum Bürgermeister hin, aber deutlich vom Bürgermeister weg.

Er hat immer gesagt der Stadtrat muss liefern, der Stadtrat soll selber Ideen bringen, der Stadtrat soll selber umsetzen. Jetzt haben wir den Arbeitskreis für Radwege und Gehwege, im Dezember 2020, ins Gespräch gebracht, das müssen sie sich mal überlegen, wir haben den Antrag gestellt im Stadtrat, im Januar und Februar, wie auch immer. Der wurde einfach nicht beachtet, der wurde nicht im Stadtrat auf die Agenda gebracht, sondern sollte dann auf einmal in den Ausschüssen vorbehandelt werden. Wir haben es schon mal gesagt, wenn wir im Stadtrat einen Antrag stellen, dann muss der auch im Stadtrat behandelt werden. Jetzt, nach Monaten, kam er in den Bauausschuss, da gab es dann Diskussionen, da ist nicht der Bürgermeister dran schuld, sondern der Hergang im Ausschuss. Da wurde nicht einmal über einen Antrag abgestimmt. Jetzt haben wir Hauptausschuss nächste Woche und der Beschluss befindet sich nicht auf der Tagesordnung.

Also mir stellt sich dadurch der Eindruck, dass auch gute Ideen, die kommen, blockiert werden. Also die Vorwürfe, die an die Antragssteller gestellt werden, die kann man genauso gut zurückspiegeln. Ich kann nur an jeden appellieren und in meiner Erinnerung wurde der Rücktritt des Bürgermeisters von 18 Leuten befürwortet und nicht von 19, also nicht einmal 2/3, die nötig wären. Der heutige Antrag ist genauso wichtig, wie der Folgebeschluss mit der notwendigen 3/4 Mehrheit. Jeder, der möchte, dass sich endlich was bewegt, der kann nachvollziehen, was heute passiert. Antrag eins abgelehnt, zwei abgelehnt und drei abgelehnt. Der Antrag darf also für sechs Monate nicht mehr auf die Tagesordnung. Es ist für dieses Jahr dadurch erledigt. Was passiert denn? Wie soll die Stadt weiter handlungsfähig bleiben, mag sein, dass der Antrag jetzt hier abgelehnt wird, mag sein, dass er durchgeht. Das werden wir gleich in der Abstimmung sehen, aber nach meinem Befinden, spricht nichts dagegen, wenn wir dem Bürger die Möglichkeit geben, einfach nochmal abzustimmen. Das geht zügig, das ist demokratisch und so ein Disziplinarverfahren, was angesprochen wurde, das zieht sich hin bis zur nächsten Wahl. Lasst doch einfach den Bürger wählen, dies ist demokratisch und genauso im Kommunalverfassungsgesetz verankert wie ein Disziplinarverfahren. Ich kann nur appellieren, bitte folgt diesem Antrag, der ist nicht ohne Grund gestellt, wir haben lange zugesehen und kritisiert, aber wir wurden auch deutlich aufgefordert etwas zu tun, wenn wir oder unsere Wähler unzufrieden sind und wir haben jetzt einfach gehandelt und zu dieser namentlichen Abstimmung stehen wir. Ich stimme hier mit Überzeugung ab, nicht, weil ich Herrn Günther ärgern will, sondern deswegen, dass sich verdammt nochmal endlich was bewegt“, so Stadtrat Alexander Otto (CDU).

Resignierter Stadtrat, Gorden Heringhausen (CDU), ergriff das Wort

Danach sprach Gordon Heringshausen, der sich selbst als antriebslos beschrieb, der heutige Tag, spiegelt das wieder, was seit 2004 im Stadtrat gang und gäbe ist. So ist es nach seiner Aussage immer wieder zu beobachten, wie im Stadtrat Zwietracht, zwischenmenschliche Anfeindungen und nur wenig Konstruktives zu berichten ist. So stellte Heringshausen fest, dass der heutige Tagesordnungspunkt zur Abwahl, nicht gegen den Bürgermeister selbst geht, sondern nicht von ungefähr kommt. So haben Stadträte, wie Norbert Müller (CDU) und Gerd Mangelsdorf (CDU), die sich schon lange im Stadtrat engagieren, den Rücktritt Günthers gefordert. Aber auch Sebastian Hahn, den eigentlichen Antragsteller, erwähnte der Professor. Dieser Stadtrat hat in der vergangenen Wahl die meisten Stimmen gehabt und ist wegen seiner Berufung vermutlich näher am Bürger als alle anderen, so Heringshausen. Das sollte man nicht einfach abtun, sondern dies hat seiner Meinung nach Gewicht. Er sieht es so, dass Genthin stillsteht, es tut sich wenig, daher sollten laut Heringshausen die Bürger wählen gehen. Es passt seiner Meinung nach im Moment einfach nicht gut. Dann zitierte er Matthias Günther selbst, als er als Bürgermeister kandidierte. Günther sagte laut Heringshausen damals, „Meine erste Amtshandlung wäre die Erarbeitung einer langfristigen Planung für die Stadt Genthin, wir brauchen eine Strategie bis in das Jahr 2024", so Matthias Günther auf dem Wahlforum in der QSG. Damals dachte Heringshausen noch, das könnte echt passen. Doch dann kam auch bei Heringshausen die Ernüchterung. So sagte er, dass Günther in der Öffentlichkeit wenig in Erscheinung tritt, wenig mit Vereinen und anderen in den Kontakt tritt oder bei den eigenen Einrichtungen der Stadt sichtbar ist. Heringshausen sieht gute Gründe darin, den Bürger die Möglichkeit zu geben hier nochmal entscheiden zu können.

Heringshausens Beitrag nutzte Lutz Nitz, um nochmals zu Wort zukommen und meinte, dass, wenn man es heute schafft, zu einer Mehrheit, zur Einleitung eines Abwahlantrages, zu kommen, dann werde er dem Abwahlantrag zustimmen, wenn der Stadtrat in seiner Gesamtheit zurücktritt. "Gordon hat Recht, dann lasst uns konsequent sein und den Stadtrat auflösen und Neuwahlen mit dem Bürgermeister beantragen", so Nitz.

Danach erwiderte Matthias Günther: „Wenn der Stadtrat diese Stärke aufbringt, dann werde ich mich auch neu wählen lassen“. Die rund 20 - 30 Besucher des Sonderstadtrates klatschten lauten Beifall, nach Günthers Aussage.


Wir hatten dieses Wahlforum, was Heringshausen erwähnte, damals begleitet und Ausschnitte für euch 2018 vor Ort im Stadtkulturhaus aufgenommen.



Wie von Alexander Otto vorhergesehen, hat kein Beschluss an dem Tag eine nötige Mehrheit bekommen. Wir haben für euch aufgepasst, sodass ihr die einzelnen Entscheidungen hier sehen könnt:


[vergrößern]

Wer sich für die komplette Stellungnahme von Matthias Günther zum Sachverhalt interessiert, der kann diese gebündelt in einer PDF unter dem Beitrag nochmal nachlesen. Genauso stellen wir die Begründung zur Einleitung eines Disziplinarantrages der Grünen, durch Lutz Nitz, per PDF unten bereit.

Fazit: Die Stellungnahme der Grünen und Linken zu den Entscheidungen der einzelnen Punkte der Sondersitzung, halten vor den anderen Gremiumsmitgliedern und der anwesenden Öffentlichkeit, inkl. Bürgern, kaum noch Stand und waren teilweise von eigenen Befindlichkeiten, wie: „Wir wurden in den Prozess nicht involviert“, geprägt. Zudem zählt der demokratische Gedanke, nämlich dem Bürger das letzte Wort zu überlassen, der ein Hilferuf von der Mehrheit des Stadtrates ist, anscheinend nicht. Vielmehr hält man an seiner Minderheit fest und will das Empfinden und die angezeigte Machtlosigkeit seiner Ratskollegen nicht sehen. Den einzig logischen Schluss brachten Lutz Nitz und der Bürgermeister Matthias Günther dann doch noch selbst ins Rennen. So versprach man, ebenfalls zurückzutreten, wenn der gesamte Stadtrat sich neu zur Wahl stellt. Es bleibt also spannend für die Genthiner, ob der gesamte Stadtrat zu diesem großen Schritt bereit ist.

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