Logo

Genthin: Sonderstadtrat endet auf Befehl - Stadtratsvorsitzender Mangelsdorf entscheidet eigenmächtig gegen die Geschäftsordnung des Stadtrates

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 27.11.2020 / 06:28 Uhr von rp
Eigentlich sollte in der gestrigen Sondersitzung des Stadtrates in Genthin geklärt werden, worin die Intensionen des Bürgermeisters Matthias Günther (parteilos) bezüglich des Tourismusvereins und der QSG- mbH liegen. Im weiteren Verlauf stand dann der Antrag der SPAL-Fraktion an, in dem darüber entschieden werden sollte, ob eine Klage gegen den Tourismusverein Genthin, Jerichow, Elbe-Parey e.V. gerechtfertigt ist oder ob die Klage einzustellen ist. Doch dann spitzte sich die Lage zu, wir waren für euch dabei:

Bürgermeister Matthias Günther indes hätte gerne einen eigenen Antrag zur Abstimmung gebracht, der ihn legitimiert, weitere Mittel gegen den Tourismusverein und der QSG- mbH einzusetzen. Doch zu diesen beiden Punkten kam es nicht.

Zu Beginn einer Sitzung ist es notwendig, dass der Vorsitzende des Stadtrates abfragt, wer sich denn zu welchem Punkt befangen fühlt und Mitwirkungsverbot anzeigen möchte. Auf diese Frage ging keiner der anwesenden Stadträte ein, sodass die Sitzung erst einmal bis zum 6. Tagesordnungspunkt einen regulären Verlauf hatte.

Der Stadtratsvorsitzende schien gelenkt und hat augenscheinlich nur mit Halbwissen agiert

Beim 6. Tagesordnungspunkt stellte der Stadtratsvorsitzende Gerd Mangelsdorf (CDU) noch einmal die Frage, ob irgendeiner der Räte ein Mitwirkungsverbot anzeigen möchte. Dazu gab es wiederum keine Meldung, weshalb Mangelsdorf im Sinne der [Geschäftsordnung des Stadtrates nach §10 Abs. 1.(i)], Ratsmitglied Lars Bonitz (WG Altenplathow) in seiner Funktion als Geschäftsführer der QSG- mbH nach [§33 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt] als befangen anmeldete.

Vermutlich richtiger Ansatz, doch falsch zitiert

Dieser Antrag von Mangelsdorf ist vermutlich unter dem Bezug des §33 Abs 1. Satz 1. & Abs.2 Satz 2. sogar nachvollziehbar und wahrscheinlich sogar anwendbar.

(Wer kein Hobby-Paragraphenreiter ist, kann zur nächsten Überschrift springen)

Doch Mangelsdorf zitierte in seiner Begründung den §33 unter der Zuhilfenahme des Abs 2. Satz 3., der ein Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines vergleichbaren Organs einer juristischen Person oder einer Vereinigung als Begründung vorsieht.

Dies trifft im Fall von Lars Bonitz nicht zu, da er als Geschäftsführer bestellt ist und ein Entgelt bezieht. Vermutlich hätte die Begründung daher den Abs. 2. Satz 2 tragen müssen und hätte dann in seiner Zusammenstellung so lauten müssen.

„Der in ein Ehrenamt oder zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufene darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Unmittelbar ist der Vorteil oder Nachteil, der sich aus der Entscheidung selbst ergeben würde, ohne dass, abgesehen von der Ausführung von Beschlüssen, weitere Ereignisse eintreten oder Maßnahmen getroffen werden müssen. Das Mitwirkungsverbot nach Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch für in ein Ehrenamt oder zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufene, die bei einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Vereinigung, die an der Entscheidung der Angelegenheit ein wirtschaftliches oder besonderes persönliches Interesse hat, gegen Entgelt beschäftigt sind.“, so der §33 Abs 1. Satz 1. & Abs.2 Satz 2. des KVG LSA.

Gesetzeslage und Geschäftsordnung wohlmöglich falsch interpretiert -Stadträte sollten den Saal verlassen

Wenn es nach Mangelsdorf gegangen wäre, hätte Stadtrat Bonitz gänzlich den Saal verlassen sollen. Das Mitwirkungsverbot sieht zwar den Ausschluss eines Ratsmitgliedes bei Befangenheit einer Angelegenheit vor, jedoch hätte Stadtrat Bonitz nicht des Saals verwiesen werden dürfen.

Dazu hat das Kommunalgesetz eine klare Regelung, die sogar in der Geschäftsordnung des Stadtrates verankert ist. Dies besagt, solange die Sitzung des Stadtrates sich im öffentlichen Teil befindet, hat das entsprechende Mitglied zwar seinen Ratssitz für die Dauer der Behandlung des TOPs (Tagesordnungspunktes) zu räumen, kann allerdings im Raum bleiben, muss sich aber im Zuschauerbereich aufhalten.

Als sich Falk Heidel (WG Pro Genthin, FFW Parchen, Mützel) zu Wort meldete, stellte Bürgermeister Günther einen Mitwirkungsverbotsantrag gegen Heidel

Heidel meldete sich zu Wort und sprach im Namen seiner Fraktion, dass aus ihrer Sicht, Bürgermeister Matthias Günther ebenso befangen ist, wie Stadtrat Lars Bonitz. Daher äußerte er den Willen, entweder beide Seiten zu hören oder beide unter dem Aspekt des Mitwirkungsverbotes des Saals zu verweisen, so sinngemäß Falk Heidel.

Letzteres hätte wenig Sinn ergeben, da gerade der Bürgermeister auf der Sondersitzung zu dem Top 6. Stellung beziehen sollte. Zudem wäre dies laut KVG LSA §33 nicht zulässig, da der Bürgermeister als Vertreter der Kommune kein Mitwirkungsverbot erteilt bekommen kann.

Die Wortmeldung von Heidel brachte den Genthiner Bürgermeister offenbar in Rage, denn eiligst meldete er Redebedarf bei Mangelsdorf an. Der übergab ihm im Sinne der Geschäftsordnung das Wort.

Günther formulierte dann einen Antrag auf Mitwirkungsverbot für Heidel, „Da dieser sich jetzt zu Wort gemeldet hatte“, so Günther. Als detalierte Begründung seines Antrages, unterstellte Bürgermeister Matthias Günther, Falk Heidel Befangenheit, weil die QSG- mbH Sponsorenleistungen an die Eventfirma von Falk Heidel zu gewissen Sportveranstaltungen zahle, so sinngemäß Günther. Was im Detail nicht richtig ist, da die Firma seinem Sohn Carsten Heidel gehört.

Stadtratsvorsitzender Mangelsdorf und Bürgermeister Günther wirkten strategisch eingespielt!

Auch für diese Sitzung hat vermutlich der Bürgermeister wieder in den Geldbeutel der Genthiner gegriffen. Denn der Bürgermeister hat seinen Anwalt Dr. Joachim Natterer mit zur Sitzung gebracht, der eigentlich zu gewissen Punkten, Günthers Vorgehen gegen den Tourismusverein erklären sollte.

Der Berliner Anwalt Natterer kam nicht zu Wort und saß die ganze Zeit neben dem Bürgermeister.

Dennoch wurde Rechtsanwalt Natterer in einer der Unterbrechung der Sitzung von dem eigentlich unparteiisch zu handelnden Gerd Mangelsdorf angesteuert. Hierzu könnte man die Vermutung aufstellen, dass auch der Stadtratsvorsitzende sich mit dem Rechtsvertreter zur Sitzung ausgetauscht hat.

Denn sowohl Günther als auch Mangelsdorf wirkten mit rechtlichen Formulierungen und strategisch geplanten Anträgen bespielt. Gerade Matthias Günthers Antragsbegründung zum Mitwirkungsverbot von Falk Heidel, wirkte holperig vorgetragen und stark vorformuliert und war vermutlich von langer Hand geplant.

Der Bürgermeister sagte nach der Formulierung seines Antrags, „Ich weise daraufhin, dass alle Beschlüsse unwirksam sind, wenn ein Mitwirkungsverbot vorliegt und das liegt hier vor“, so Günther.

Es fiel auch anderen auf

Nach dieser Äußerung trat dann Stadtrat Christoph Neubauer (SPD) auf den Plan und äußerte sich wie folgt. „Ich hoffe Sie haben für mich nicht auch so ein Mitwirkungsverbot vorbereitet!“,so der Stadtrat. Neubauer verwies dann in seiner Ausführung auf den 22. Juni. Auf dieser Stadtratssitzung wurde, laut Neubauer, auch über den Tourismusverein und der QSG- mbH beraten. Auch damals wurden Günther und Bonitz des Saals verwiesen. Wie Neubauer sich äußerte, sah die Kommunalaufsicht des Landkreises, im Nachhinein, hier kein Mitwirkungsverbot für Bonitz.

Nach dem Redeanteil von Neubauer, pochte der Vorsitzende Mangelsdorf auf die Ausweisung von Bonitz aus dem Saal.

Die Stadträte entschieden nur knapp für Bonitz, hier fielen die Stimmen gegen die Ausweisung 9 zu 8 aus. Wobei unsere Zählung bei 10 zu 8 lag, mit 5 Enthaltungen. Damit wurde Bonitz seine Stimmberechtigung mehrheitlich durch die Stadträte legitimiert.

Als dann Stadtrat Heidel auch mit 20/3 Gegenstimmen weiter an der Sitzung teilnehmen durfte, ist die vermutete Strategie von Mangelsdorf und Günther wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Kurzerhand bestimmte der Stadtratsvorsitzende eine kurze Beratungspause.

Mangelsdorf verhielt sich wie fremdgesteuert und wirkte befangen von den Interessen des Bürgermeisters und handelte wohlmöglich unrechtmäßig gegenüber dem Kommunalgesetz und der Satzung des Genthiner Stadtrates.

Direkt nach der kurzen Unterbrechung, rechtfertige Mangelsdorf unter wiederholter Zuhilfenahme des §33 KVG -LSA Mitwirkungsverbotes, dass der Bürgermeister 14 Tage Zeit habe, beim Stadtratsvorsitzenden ein Mitwirkungsverbot anzuzeigen. „Sollte ein solches Mitwirkungsverbot bestehen, sind die Beschlüsse unwirksam“, so Mangelsdorf.

Günther und Mangelsdorf waren erneut einer Meinung

Danach beantragte Matthias Günther beim Stadtratsvorsitzenden den Abbruch der Sitzung und konnte sich nach eigener Aussage nicht erklären, warum die Stadträte für Heidel und Bonitz entschieden haben. Als Begründung für den Abbruch nannte er,

„Es liegt hier ein klares Mitwirkungsverbot vor, wir hatten hier heute vor Beschlüsse zu fassen, die unmittelbar für Herrn Bonitz drucken. Sobald es dazu eine Entscheidung gibt, können wir weiter fortfahren, ein weiteres Fortfahren heute, halte ich für sinnlos“, so Günther.

Gerd Mangelsdorf (CDU) befiehlt den Abbruch!

Auf der Antragsgrundlage von Matthias Günther sah Mangelsdorf keine Grundlage fortzufahren, es soll jetzt nach seiner Aussage die Kommunalaufsicht die Rechtmäßigkeit prüfen und dann kann die Sitzung fortgesetzt werden. „Damit ist die Sitzung beendet“, so Mangelsdorf

Selbst Lutz Nitz, der eilig die Hand hob wurde von Gerd Mangelsdorf abgebügelt der zu ihm sagte, er brauche sich nicht mehr zu melden, er habe die Sitzung beendet. Sichtlich echauffiert über den undemokratischen Abbruch, beantragte Nitz nach seiner Aussage uns gegenüber beim Stadtratsvorsitzenden, dass die nächste Sitzung zu diesem Thema von der Kommunalaufsicht begleitet wird.

In der Tat sieht die Geschäftsordnung diese Machtentscheidung des Stadtratsvorsitzenden Gerd Mangelsdorf nicht vor. Die Geschäftsordnung regelt dies unter dem §10 Abs 1. (e) & Abs. 2. Damit wird allerdings deutlich wie dünn das Nervenkostüm geworden ist, denn auch über den Abbruch hätte eine Mehrheit des Stadtrates laut Geschäftsordnung befinden müssen.


Fazit: „Die Einäugien unter den Blinden“ entscheiden empfunden über die Fahrtrichtung der Genthiner. Dabei scheint keiner wirklich im Sattel der Geschäftsordnung zu sitzen. Die Sitzung selbst wirkte minutiös durch die Regierungsbank einstudiert. Welche Rolle dabei der Berliner Anwalt Natterer spielte ist unklar, klar dürfte aber sein, dass dieser nicht ehrenamtlich anwesend war. Selbst der laut Kommunalgesetz unparteiische Stadtratsvorsitzende hatte den Anschein, nicht mehr ungezwungen zu agieren und befahl buchstäblich das Ende der Sitzung.

Vermutlich ist auch Stadtrat Lars Bonitz nach §33 KVG des LSA befangen und hätte ein Mitwirkungsverbot anzeigen müssen. Dennoch wirkte gerade das versuchte Stummschalten von Falk Heidel nahezu strategisch und einstudiert. Der Bürgermeister ist jedenfalls um ein Statement zu seinen Handlungen gegen den Tourismusverein herumgekommen.

Allerdings ist der angedachte Beschluss zur Legitimierung der Klage gegen den Verein und der QSG- mbH auch vorerst "futsch". Es bleibt abzuwarten was die Kommunalaufsicht jetzt macht. Die Genthiner Entscheidungsträger sind mit der Thematik anscheinend überfordert und ersuchen an dieser Stelle Hilfe.

Die Genthiner Bürger zeigten sich dabei hörbar empört und raunten aus der Zuschauerreihe „Es ist ein Witz was hier abgeht“ Ein anderer meinte, „Was für ein Schauspiel“

Zu Zeiten von Corona kann man sagen, dass das Stadtkulturhaus gut besucht war und sich ein reges bürgerliches Interesse an der Sondersitzung zeigte, sodass zwei Stuhlreihen mit geregeltem Abstand voll besetzt waren.

Bilder

Dieser Artikel wurde bereits 3.285 mal aufgerufen.

Werbung