Logo

WAHLSKANDAL in Jerichow: Will die CDU die Freie Wählergemeinschaft Jerichow mit einer Schmutzkampagne aus dem Jerichower Stadtrat kicken?

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 18.04.2024 / 17:02 Uhr von rp
Mit schweren Vorwürfen engagiert sich gerade der Genthiner CDU Stadtverband gegen die Freie Wählergemeinschaft Jerichow. Dabei vertauscht die CDU hier laut Wahlleiterin der Stadt, Anja Schünicke, allerdings ein paar Fakten und stellt sogar falsche Behauptungen auf. Was den Eindruck einer Schmutzkampagne seitens der CDU nährt.

Wo die CDU jetzt konkret zum Schlag ansetzt

Die Vorwürfe der CDU lauten im Konkreten, dass zwei Mitglieder, Torsten Schmidt und Andy Schmidt, die aktuell noch für die Freie Wählergemeinschaft Jerichow im Stadtrat von Jerichow sitzen, übergangen worden sind und deswegen nicht auf der Liste der Freien Wählergemeinschaft Jerichow stehen. Demnach soll es auch keine ordentliche Mitgliederversammlung mit einer Wahl der Kandidaten für die Liste gegeben haben. Das entkräftet allerdings die Wahlleiterin Anja Schünicke, denn eine Sitzung fand nach ihrer Aussage am 12.03.2024 statt. Alle daraus entstandenen, für die Wahlzulassung benötigten Unterlagen liegen dem Wahlausschuss, laut Schünicke, vor. Alle 22 Kandidaten der Freie Wählergemeinschaft Jerichow haben demnach mit einer Unterschrift ihre Kandidatur bestätigt.
Die CDU indes kennt zwar auch den 12.03.2024 als Sitzungstermin, zweifelt die Rechtmäßigkeit der Sitzung an und behauptet, dass es keine Wahl auf dieser Sitzung gegeben habe. Ein entsprechender Beweis in Form eines Schreibens der Freien Wählergemeinschaft Jerichow liege dem Stadtverband der CDU vor.
Initiatoren des Einspruchs sind der Genthiner Stadtverbandsvorsitzende Alexander Otto (CDU Stadtrat in Genthin), Mathias Matschoß (CDU Stadtrat in Jerichow) und der Vertrauensmann der CDU-Fraktion in Jerichow und Stadtratsvorsitzender von Genthin, Gerd Mangelsdorf. Des Weiteren hat ein Dritter, der ebenfalls Mathias Matschoß zu sein scheint, im Auftrag für die Jerichower CDU-Stadträtin Ivonne Renner, den Einspruch, den wir euch unten zur Verfügung gestellt haben, unterschrieben.

So heißt es im Einspruch genau: „Als CDU Stadtverband Genthin, in Verantwortung für die Bereiche Elbe-Parey und Jerichow erheben wir Einspruch gegen die Entscheidung des Wahlausschusses vom 09.04.2024 und rügen das Zustandekommen der Liste zur Kommunalwahl 2024 der Freien Wähler Jerichow.“

Ivonne Renner kannte den Inhalt des Einspruchs nicht

Ivonne Renner kannte das Schreiben der CDU bis heute 11 Uhr nur vom Hörensagen und hatte diesbezüglich nur mit Mathias Matschoß im Vorfeld, nach eigener Aussage, telefoniert. Ivonne Renner selbst wirkte uns gegenüber sehr zweifelnd, als wir Sie auf den Inhalt ansprachen. Sie habe zwischenzeitlich auch von der Bürgermeisterin von Jerichow, Cathleen Lüdicke (Freie Wählergemeinschaft Jerichow), erfahren, wie es zu der Entscheidung der Freie Wählergemeinschaft Jerichow kam.
Teilweise zurückgerudert und Vorwürfe an Parteikollegen

Nachdem wir Ivonne Renner den Einspruch zum Lesen zur Verfügung gestellt haben, hatten wir uns um 12:30 Uhr für ein erneutes Gespräch bei ihr gemeldet. Renner sagte dann zum Inhalt:
Verzwickte Kiste, nach dem jetzigen Kenntnisstand hätte ich den Einspruch wohl nicht unterschrieben, da ich nur mit Teilen des Einspruchs einverstanden bin.

Sie selbst stecke nun aber zwischen den Stühlen und will nach ihrer Aussage keinen kompletten Rückzieher machen. Vielmehr sieht Sie alle Umstände des Einspruchs, die Torsten Schmidt betreffen, als zutreffend an, kann sich aber nicht vorstellen, dass die Wahlleiterin Anja Schünicke Einfluss auf die Wählerliste genommen haben will.

Wie Renner dann noch auf Nachfrage bestätigte, könnte man das Schreiben als Schmutzkampagne verstehen und dass man hier, nach ihrer Aussage, im Wahlkampf nach jeder Kleinigkeit sucht. Sie sei allerdings an so einer Art und Weise nicht interessiert und dachte das auch von ihren Parteikollegen. Sie ging sogar noch einen Schritt weiter und deutete an, dass man eventuell jetzt gekränkt auf die vergangene Wahlschlappe mit einem Einspruch reagiere. In 2023 waren Cathleen Lüdicke und Mathias Matschoß als Bürgermeisterkandidaten für Jerichow angetreten. Cathleen Lüdicke hatte mit einer deutlichen Mehrheit damals die Wahl für sich entschieden.

Vertrauensbruch zwischen der Freien Wählergemeinschaft und Torsten Schmidt

Nach der Aussage von Ivonne Renner gab es zwischen der Wählergemeinschaft und Torsten Schmidt einen Vertrauensbruch. Cathleen Lüdicke bestätigte uns diesen Umstand und sagte: “Die Freie Wählergemeinschaft ist gemeinschaftlich zu dem Schluss gekommen, dass das Vorgehen des Bauunternehmers Torsten Schmidt sich nicht mit der Philosophie der Wählergemeinschaft vereinbaren lassen.”

Darüber hinaus wollte Sie aber nicht verraten, was vorgefallen war. Vielmehr sagte Cathleen Lüdicke: „Es wird einen Grund geben, weshalb das bis jetzt noch nicht zur Sprache kam. Solange sich niemand zum Umstand äußert, werde ich es auch nicht.“
Einflussnahme und Befangenheit der Wahlleiterin Anja Schünicke?

In dem Einspruch unterstellt die CDU der Wahlleiterin eine indirekte Beeinflussung der Wählerliste der Wählergemeinschaft, so heißt es in dem Schreiben:

Im Januar 2024 kam Frau Schünicke (stellv. BM Stadt Jerichow und jetzige Wahlleiterin) in meinem Beisein des CDU Stadtratsmitglied Mathias Matschoß auf Stadtrat Torsten Schmidt zu, mit dem Anliegen für die Freien Wähler im Stadtrat, die neue Zusammensetzung der Liste der Freien Wähler Jerichow hinzuweisen und sich hierzu abstimmen zu wollen. lndessen Folge möchten wir darauf hinwiesen, dass Frau Schünicke als neutrale Wahlleiterin fungieren muss und darf sich keinesfalls aktiv an der Listenaufstellung der Freien Wähler Jerichow beteiligen. Andernfalls ist es rechtlich geboten, dass sie sich als befangen erklärt, um eine neutrale Entscheidungsgewalt eines Wahlleitenden zu gewährleisten.

Anja Schünicke wies den Vorwurf der Beeinflussung gegenüber dem Meetingpoint von sich und kann sich an eine solche Begebenheit, ein Treffen mit Mathias Matschoß und Torsten Schmidt, nicht erinnern. Von ihr hieß es dazu:

So ein Treffen hat es nicht gegeben. Als Wahlleiterin ist es meine Aufgabe allen Kandidaten dabei zu helfen, dass die Wahlunterlagen und gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Dafür stehe ich jedem zur Seite. Ein Aufeinandertreffen, wo ein anderes Fraktionsmitglied daneben stand, hätte ich nicht genutzt, um persönliche Wahlangelegenheiten zu besprechen. Vielmehr wäre auch die Vertrauensperson der Wählergemeinschaft, Andreas Derz, mein Ansprechpartner für die Liste der Wählergemeinschaft gewesen, denn ihn hat man als Vertrauensmann für die Wahlangelegenheiten in den Wahlunterlagen angegeben.

Warum dann diese Behauptung eines Treffens und Unterstellung der Einflussnahme?

Anja Schünicke erklärt sich den Vorwurf selbst so, dass man im Nachgang gegen die Entscheidung des Wahlausschusses vorgehen möchte und daher die Wahlleiterin als befangen darstellt.

Kommunalaufsicht fühlt sich nicht zuständig

Anja Schünicke hat bereits mit der Kommunalaufsicht gesprochen, als ihr der Einspruch bekannt wurde. Die Kommunalaufsicht hatte selbst den Einspruch bekommen, fühlt sich aber laut Schünicke in diesem Fall nicht zuständig. Das begründet die Kommunalaufsicht damit, dass die Rechtmäßigkeit der Wahllisten und die Behandlung eines Einspruchs beim Wahlausschuss von Jerichow selbst und damit bei ihr und ihrem Gremium liegt.

Einspruch verpasst Frist

Wie Anja Schünicke dann meinte, hat der Einspruch die Behandlungsfrist knapp verpasst. Denn wie der Einspruch es selbst zitiert, hat man eine Woche Zeit gegen die Entscheidung des Wahlausschusses Einspruch einzulegen. Der Wahlausschuss hatte am 9. April in Jerichow getagt und die Rechtmäßigkeit aller Kandidaturen festgestellt.

Ein Einspruch hätte somit spätestens zum Geschäftsschluss am 16. April der Verwaltung vorliegen müssen. Der ging allerdings erst am 16. April gegen 21 Uhr per E-Mail ein und wurde im Original erst am nächsten Tag in der Mittagszeit in den Briefkasten der Verwaltung geworfen. Damit sind die Fristen verstrichen und der Einspruch scheitert bereits daran.
Wieso geht die CDU für einen Anderen ins Gefecht?

Auch dazu liefert der Einspruch eine knappe Erklärung. Demnach habe der CDU Stadtrat Matschoß, am 12.03.2024, auf der Rückfahrt von einer Stadtratssitzung vom Ausschluss von Torsten Schmidt und Andy Schmidt in einem Telefonat mit einem der beiden Schmidts erfahren. Dazu heißt es im Detail im Einspruch der CDU:

Herr Schmidt informierte im Anschluss an die Besprechung telefonisch den CDU Stadtrat Mathias Matschoß zu Inhalten und Ablauf. Dieser befand sich gerade auf dem Rückweg der Stadtratssitzung und hatte 2 weitere Stadträte mit im Auto, welche das Gespräch mit angehört haben.

Dubiose Weißung im Unterschriftenteil des Einspruchs

Was auf dem digitalen Einspruch nur mit einer Schattierung zu sehen ist, ist auf dem Original des Einspruchs deutlich zu erkennen. Es ist eine Weißung von zwei weiteren Unterschriftenfeldern darauf zu erkennen. Leicht kann man noch sehen, dass dort die Namen Torsten Schmidt und Andy Schmidt gestanden haben. Diese haben aber ihre Unterschrift nicht für den Einspruch hergegeben. Klar ist jedoch, dass Torsten Schmidt und Andy Schmidt viel eher, nämlich schon lange vor dem 9. April, die Entscheidung getroffen haben, mit der WG „Unabhängige Wählergruppe Brettin – UWG“ für den Stadtrat zu kandidieren. Da diese Wählergemeinschaft, laut Wahlleiterin Anja Schünicke, noch nie im Stadtrat von Jerichow vertreten war, mussten Torsten Schmidt und Andy Schmidt auf Stimmenfang gehen und 57 Stimmen für die Wahlzulassung sammeln. Das haben sie erreicht und sind somit auch mit der neuen Wählergemeinschaft zugelassen worden.

Fazit: Warum die CDU für die Mitglieder einer anderen Stadtratsfraktion ins Feld zieht, ist nur bedingt mit den Worten des Einspruchs nachvollziehbar. Die Aussagen der eigenen CDU Kollegin und die der Wahlleiterin Anja Schünicke zeichnen hingegen ein anderes Bild. Man muss sich zudem noch die Frage stellen, warum Torsten Schmidt und Andy Schmidt nicht selbst Einspruch beim Wahlausschuss eingelegt haben. Einzig beim Rechtsanwalt Andy Schmidt gibt es einen nachvollziehbaren Grund. Der soll laut Bürgermeisterin Cathleen Lüdicke, sich selbst dazu entschlossen haben nicht mehr über die Wählergemeinschaft Jerichow für den Stadtrat antreten zu wollen.

Am 9. Juni stehen, wie überall, auch in Jerichow die Kommunalwahlen/ Stadtratswahlen auf der Tagesordnung. Wenn die Behauptungen des Genthiner CDU-Stadtverbandes stimmen, dann wäre der Einspruch gegen die Wählerliste der Freien Wählergemeinschaft Jerichow, den der Genthiner Stadtverband losgetreten hat, eine ziemliche Schlappe für die Wählergemeinschaft.

Denn sollte die Liste auf Grund der Vorwürfe als ungültig angesehen werden, würde die Freie Wählergemeinschaft Jerichow aus der nächsten Wahlperiode, die am 9. Juni 2024 beginnt, herausfallen und wäre somit nicht mehr im Jerichower Stadtrat vertreten.

Gewinner wären dann alle anderen Fraktionen, inklusive die der CDU, die dann eine Chance hätte, mehr Kandidaten von ihrer Liste auf die begrenzten Plätze im Stadtrat unterzubringen.

Dokumente


Bilder

Dieser Artikel wurde bereits 4.685 mal aufgerufen.

Werbung

Kommentare

  •  
    MüllerMeierSchmidt schrieb um 18:58 Uhr am 24.04.2024:
    Vielleicht weil die Einsicht für Vertrauenspersonen in Wahlvorschlagsunterlagen anderer Parteien und Wählergruppen rechtlich garnicht normiert ist!? Vielleicht hat diese Aufgabe nur der Wahlausschuss inne!? Und möglicherweise hat auf die öffentliche Bekanntmachung zur Besetzung des Wahlausschusses keine Partei von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht!? Vielleicht einfach weil die sogenannten Volksvertreter nicht mal dazu in der Lage sind oder es nicht für notwendig halten, das Amtsblatt zu lesen!? Und vielleicht ist ein Wahleinspruch auch erst innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses möglich!? Also vielleicht hat sich da eine Partei aus Unwissenheit extrem blamiert!? Aber alles nur vielleicht!?
    •  
      Einwohner JL schrieb um 19:50 Uhr am 19.04.2024:
      Die Berichterstattung ist doch einseitig. Warum wurde die Einsicht in die Unterlagen verweigert?
      •  
        Jerichower schrieb um 09:08 Uhr am 19.04.2024:
        Für so unseriös hätte ich ja nicht mal die CDU gehalten. Da scheint die Wahlschlappe gegen Frau Lüdicke noch tief zu hängen. Hier sehe ich nur den Versuch der jungen CDU-Führung, große Politik im kleinen zu machen. Sowas brauchen wir hier nicht!
        •  
          aufmerksamer Leser schrieb um 08:34 Uhr am 19.04.2024:
          Der Meetingspoint JL war in Anfangszeiten seriös, jedenfalls hatte ich den Eindruck.
          In den letzten Monaten sind nicht nur eine inhaltliche Änderungen eingetreten (meistens nur Artikel, die eh schon jeder kannte - wie Veröffentlichungen von Pressemitteilungen - sondern nun auch noch "Eilmeldungen" die inhaltlich falsch wiedergegben wurden, wie aus dem Kommentar von der Stadträtin Ivonne Renner zu lesen sind.
          Schade, dass das Niveau auf diesem Portal so gesunken ist.
          Mit freundlichen Grüßen
          auf aufmerksamer Leser
          •  
            Renner Ivonne schrieb um 06:39 Uhr am 19.04.2024:
            Sehr geehrter Meetingpoint, die Wiedergabe meiner Aussagen in ihrem Beitrag wirkt irreführend und verdreht. Ich fühlte mich durch ihren Anruf im Laufe des Tages schon etwas überrumpelt. Ich bin ehrenamtliche Stadträtin und keine Profipolitikerin. Mathias Matschoß hat mich über die Inhalte des Schreibens informiert und mich um Unterschrift gebeten. Wegen der Frist drängte die Zeit, ich habe es am Ende auch nicht rechtzeitig geschafft und daher gestattet, dass er im Auftrag für mich unterschreibt. Stellen sie mir bitte künftig nur noch schriftlich Fragen. Mit freundlichen Grüßen Ivonne Renner.
            •  
              Ohne Worte schrieb um 19:59 Uhr am 18.04.2024:
              Mensch reicht doch mal jemand den Leuten ein Taschentuch!! Wenn die freien Wähler Unterlagen von der Mitgliederversammlung der CDU haben wollen würden, würden sie die auch nicht bekommen. Kindergarten wie in Genthin. Lieber Vorschläge zur Verbesserung für die Region einbringen anstatt sowas.