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Dem Landkreis Jerichower Land droht 2025 die Pleite – Landrat Burchhardt will nun das Land Sachsen-Anhalt verklagen

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 22.03.2024 / 07:14 Uhr von rp
„Kein „Weiter so“, das fordert der Landrat des Landkreises Jerichower Land, Steffen Burchhardt (SPD), gemeinsam mit den Landräten der anderen Landkreise des Landes Sachsen-Anhalts. Denn schon jetzt ist es klar ausgerechnet, dass der Landkreis im kommenden Haushaltsjahr in die Pleite rutscht.

Das Problem

Anders als seine Gemeinden, finanziert sich ein Landkreis mit einer Kreisumlage. Diese Kreisumlage bezieht sich im Jerichower Land derzeit aus 41% der Steuereinnahmen der jeweiligen Gemeinden des Kreises. Dadurch bekommt der Landkreis Jerichower Land zum Beispiel ein Haushalt von rund 160 Millionen Euro in 2023 zusammen.

Dabei geht hier die Schere immer mehr auseinander, denn der Landkreis benötigt eine Kreisumlage um die 50%, während eine Stadt wie Burg, nach eigener Analyse der Kommunalaufsicht des Landkreises, nur eine Zahlungskraft von 25% hat. Damit ist klar, dass die meisten Gemeinden sich selbst in der finanziellen Krise befinden und statt eines Überhangs, in der Konsolidierung stecken.

Doch der Landkreis kann nicht auf die Einnahmen verzichten, denn mit diesem Geld finanziert der Landkreis wiederum seine Aufgaben, die aus rund 90% Pflichtaufgaben und 10% freiwilliger Leistungen besteht. Dabei eröffnet sich nun das Problem, dass das Geld nicht mehr reicht.

So erhöhen sich laut Landrat Steffen Burchhardt jährlich die Kosten. Den größten Zuwachs erfährt die Jugendhilfe, die steigt jedes Jahr zwischen 10 und 20% an.

Darunter fallen Aufgaben von der Erstberatung bis hin zur Inobhutnahme eines Kindes in einer Einrichtung oder Pflegefamilie. Aber auch im Asyl- und im Sozialbereich sind die Kosten gestiegen. Der Landkreis rechnet in Betracht aller Maßnahmen mit einem Anstieg von rund 16 Millionen Euro mehr Aufwendungen im Haushalt 2024. Dazu kommt, dass für jeden aufgenommen Asylbewerber die Durchschnittskosten bei rund 12.000 Euro im Jahr liegen.

Wie Landrat Steffen Burchhardt dem Meetingpoint mitteilte, ist bereits in 2021 ein Ergebnishaushalt mit rund 3 Millionen Euro minus erfasst worden, in 2022 wird man die Rechnung mit einem voraussichtlichen Haushaltsminus von rund 6,5 Millionen Euro abschließen. Aber auch dieses Defizit wurde in 2023, laut Burchhardt noch einmal mit einem errechneten Minus von rund 11 Millionen Euro, getoppt. Mit dem errechneten Defizit in 2024 sind dann alle Rücklagen der Kreiskasse aufgebraucht und man hat schlichtweg kein Geld mehr zum Ausgleich.

Allein für alle Kreisstraßen fehlen dem Landkreis, laut Burchhardt, rund 50 Millionen Euro. Auf das ganze Land Sachsen-Anhalt gesehen, fehlen rund 1 Milliarde Euro für das Kreisstraßennetz. Zwar bekommt der Landkreis auch hier eine jährliche Zuwendung in Höhe von 1,5 Millionen Euro vom Land, das geht aber aktuell allein für den Ausbau der Holzstraße in Burg drauf. Auch hier sieht der Landrat in den kommenden Jahren keine auskömmliche Finanzierung.

Dabei war vom Land immer der Tenor, dass man in den Landkreisen besser wirtschaften müsse. Dazu hatte das Land sogar ein Gutachten erstellt. Das allerdings für das Land nicht gut ausging, den wenig erwartend, viel dies in der Summe gut fürs Jerichower Land aus. Wie Burchhardt meinte, gab es zwar ein paar Stellschrauben, aber im Groben ist die Verteilung des Geldes im Landkreises gerecht geregelt.

Ein Verdacht drängt sich auf

Steffen Burchhardt hat hier eine Theorie, denn laut ihm konnte man in der Vergangenheit immer mehr beobachten, wie es den Landkreisen und Gemeinden schwerer gemacht wurde, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. So hat in 2022 das Land verfügt, dass Haushalte nur noch zu genehmigen sind, wenn bis zu einem gewissen Jahr, alle Jahresabschlüsse vorliegen. Im vergangen Jahr musste eine Kommune, wenn sie den Haushalt 2024 aufstellen wollte, den Jahresabschluss 2021 “in der Tasche” haben.

Zwar gibt es hier und da ein paar Ausnahmeregelungen, dennoch hängen Gemeinden und Landkreise in der Regel aber meist mit den Jahresabschlüssen weit hinterher und bekommen so keinen Haushalt. Einige Gemeinden, wie etwa Burg und Genthin, haben z.B. erst die Jahresabschlüsse 2016 fertig. Der Grund ist hier aber auch vielschichtiger. Während Genthin auf Grund von Personalmangel nicht in der Lage ist eigene Jahresabschlüsse zu erstellen, liegt das Problem der Stadt Burg wo anders. Denn bis vor zwei Jahren waren die Jahresabschlüsse nicht so eng mit der Aufstellung des Haushalts verknüpft und man hatte sich hier einfach Zeit gelassen.
Des Weiteren gab es in der Jahresabschlusserstellung seit 2005, eine Reform von Kameralistik auf Doppik, mit deren Umstellung sich einige Kommunen bis heute schwer tun. Wie der Bürgermeister der Stadt Burg, Philipp Stark gegenüber dem Meetingpoint verriet, hat man immer noch mit der Umstellung auf Doppik seine Probleme, denn man muss die rund 300 Straßen und über 60 Gebäude für die Doppik-Umstellung durch Gutachten neu bewerten lassen. Das verzögere laut Stark die Arbeit an den Jahresabschlüssen enorm.

Landrat Steffen Bruchhardt vermutet nun, dass man bewusst seitens der Landesverwaltung die Hürden hoch gesetzt hat um selbst Zuwendungen einzusparen.

Landkreise verklagen das Land Sachsen-Anhalt

Damit soll aber nun Schluss sein, denn Burchhardt fordern entweder eine auskömmliche Finanzierung des Kreises durch die FAG-Zuweisungen oder eine Verlagerung der Kosten für die Pflichtaufgaben in die Landeskasse. Aber auch eine Möglichkeit ein eigenes Steuersystem für Landkreise zu schaffen, hält Burchhardt für möglich.

Am vergangenen Mittwoch hatte Burchhardt auf der Kreistagssitzung nun verkündet, dass alle Landkreise des Landes Sachsen-Anhalt, auf der Landkreistagung beschlossen haben, gegen das Land zwecks der Unterfinanzierung vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Der Kreistag soll schon auf der kommenden Sitzung über die Sache bestimmen und Burchhardt für seine Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, Rückendeckung geben.
Trotz der Unterfinanzierung, haben am Mittwoch die Kreistagsmitglieder mehrheitlich dem defizitären Haushalt 2024 des Landkreises, mit einer 41 prozentigen Kreisumlage, zugestimmt. Allerdings hatte man schon teils durchdringen lassen, dass man sich mit dem Landrat in der Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt solidarisiert.

Bilder

Landrat Steffen Burchhardt, Foto: LK JL
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