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Räte setzen Ultimatum: Matthias Günther soll als Genthiner Bürgermeister zurücktreten

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 19.03.2021 / 07:43 Uhr von rp
Seit seinem Amtsantritt war das Level der Zusammenarbeit zwischen den Stadträten und ihrem Bürgermeister schwierig und verschlechterte sich scheinbar stetig. Doch in den vergangenen Monaten spitzte sich die Lage dramatisch zu und erreichte auf der gestrigen Sondersitzung des Stadtrates, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ihren bisherigen Höhepunkt. Wir haben dennoch alle Infos für euch zusammengetragen:

So wehrte sich der Bürgermeister mehrfach gegen die Entscheidungen seiner Räte. Demnach forderten gestern 18 von 28 Räten auf der Sondersitzung seinen Rücktritt und setzten dem Bürgermeister dazu ein Ultimatum.

Eigentlich war die Sitzung einberufen worden, um nach den Klagen des Bürgermeisters gegen den Tourismusverein, eine Zusammenarbeit zwischen Günther und den Bürgermeistern seiner Nachbargemeinden wieder voranzubringen. Dazu wurden die Gemeindebürgermeister aus Elbe-Parey Nicole Golz und Harald Bothe aus der Gemeinde Jerichow eingeladen, um ihre Sicht der Dinge und die Möglichkeiten für eine gemeinsame Zukunft aufzuzeigen. Doch die Sitzung nahm für den Genthiner Bürgermeister Matthias Günther eine sicherlich ungeahnte Wendung.

Öffentlichkeit sollte ausgeklammert werden

So wurde seitens Matthias Günther anscheinend alles daran gesetzt, dass die Öffentlichkeit nicht erfährt, was Nicole Golz und Harald Bothe zu sagen haben, [Wir berichteten] doch es nützte nichts mehr, die Räte übernehmen in Genthin anscheinend nun das Ruder.

Eindeutiges Signal von beiden Seiten, Matthias Günther soll keine Rolle mehr spielen!

Wir haben nach der Sitzung mit Nicole Golz gesprochen und erfahren, dass sie und Harald Bothe zwar noch keine Verabredung für eine gemeinsame Zukunft mit den Genthinern getroffen haben, es aber eine lang notwendige Aussprache gab. So standen Golz und Bothe den Fragen, der Genthiner Räte zur Verfügung und haben ihre Sicht zu den Vorkommnissen mitteilen können.

Die beiden Bürgermeister machten laut Golz dabei ein klares Angebot, so wollen beide unter einer Bedingung an Genthin festhalten. Da die Vergangenheit laut Golz zeigt, dass mit dem aktuellen Bürgermeister Matthias Günther keine Zusammenarbeit mehr möglich ist, ist man zwar bereit mit der Verwaltung und den Mitarbeitern zu arbeiten, jedoch den Kontakt zu Matthias Günther schlagen die beiden prinzipiell aus dem Grund, der nicht mehr zu kittenden Beziehung aus.

Kurz vor der Heimreise von Nicole Golz und Harald Bothe, sendete der Genthiner Stadtrat Falk Heidel (Pro Genthin) in Vertretung von 18 weiteren Räten, öffentlich, ein eindeutiges Signal an die Genthiner und die beiden Gäste.

Die Forderung der Räte durch den Stadtrat Falk Heidel wurde uns bereits von ihm selbst zur Verfügung gestellt und dessen Wortlaut wie folgt lautet:

"Als Genthiner Bürgermeister sollten Sie der hauptsächliche Repräsentant unserer Stadt sein und diese Aufgabe mit Fachkompetenz, Leidenschaft und Herz ausfüllen. Das war und ist der Wunsch der Bevölkerung und das ist auch Ihre Verpflichtung, die sich aus Ihrem Amtseid herleiten lässt. Zugleich stellt das Bürgermeisteramt regelmäßig hohe Ansprüche an die Amtsführung. Dazu gehört u.a. der Wille zur Gestaltung unseres Stadtbildes, die Freude am Umgang mit Menschen und die generelle Verpflichtung zum Wohl der Stadt. Doch unsere Stadt präsentiert sich aktuell in einem Zustand, der für viele Genthiner Bürgerinnen und Bürger und für die unterzeichnenden Stadträte nicht mehr länger hinnehmbar ist.

Sie, Herr Günther, zwingen uns förmlich zu dieser Rücktrittsforderung. Mit Ihnen ist keine Perspektive für uns als Stadt Genthin erkennbar. Die letzten Jahre waren von Stillstand, Rückschritt und Perspektivlosigkeit geprägt. Die Zukunft unserer Stadt erfordert aber Engagement, Energie, Ideen und Entscheidungen. Dies sahen wir bisher nicht und dies sehen wir auch perspektivisch nicht bei Ihnen.

Wir vermissen die Fähigkeit auf andere offen, ehrlich und mit guten Ideen zuzugehen und wirklich, zum Wohle der Stadt, diese gestalten zu wollen. Wir, die unterzeichnenden Stadträte, fordern Sie daher nun direkt auf, durch einen freiwilligen Rücktritt, weiteren Schaden von der Stadt und dem Bürgermeisteramt abzuwenden. Dieser Schritt fällt sicherlich nicht leicht, aber er macht sich – zum Wohle unserer Stadt und der umliegenden Gemeinden – notwendig.

Als weitere Beweggründe nannte uns Heidel noch Folgende

Eine Stadtratsmehrheit ist seit Monaten unzufrieden mit der Amtsführung Günthers, der vor zweieinhalb Jahren in das Amt gewählt wurde. Einer der Vorwürfe lautet, er sei mit dieser Funktion überfordert und zeige sich beratungsresistent.

Mehr als umstritten sind seine Klagen gegen den Tourismusverein, dessen ersten Vorsitzender er ist. Geschätzte Kosten bisher: 100.000 Euro. Ein Nutzen für die Stadt ist für die meisten Beobachter nicht erkennbar.

Das Tischtuch endgültig zerschnitten hatte Günther kürzlich mit einer Bemerkung während einer öffentlichen Sitzung: „... dass der Stadtrat beschließen kann was er will, ich folge dem sowieso nicht.“ Zerstritten ist der Bürgermeister zudem mit den Nachbargemeinden Elbe-Parey und Jerichow sowie mit dem Landkreis", so Stadtrat Falk Heidel.

LINKE und GRÜNE haben sich noch nicht positioniert

Laut Aussage von Falk Heidel haben alle Räte der CDU-Fraktion (8), der Wählergemeinschaft Genthin-Mützel-Parchen (7) und der SPD/WG Altenplathow (3) die Rücktrittsforderung unterzeichnet.

Fraktionen von Lutz Nitz (Die Grünen) und Gabriele Herrmann (Die LINKE) sind nun gefragt!

Die beiden übrigen Fraktionen halten zusammen 10 Stimmen im Genthiner Stadtrat. Beide Frakionen haben noch nicht unterschrieben, haben aber unseren Informationen nach eine Bedenkzeit von einer Woche bekommen, um sich zu positionieren.

Bürgermeister soll Widerstand angekündigt haben

Laut unseren Informationen hat Matthias Günther nun 14 Tage Zeit sich zu entscheiden, um seinen Rücktritt bis spätestens 1. April bekanntzugeben. Sollte er der Aufforderung nicht nachkommen, wollen die Fraktionen ein Abwahlverfahren nach dem §64 des Kommunalgesetzt des Landes Sachsen-Anhalt im Stadtrat zur Abstimmung bringen. Matthias Günther soll bereits angedeutet haben, dass er der Forderung nicht nachkommen werde und man schon jetzt ein Abwahlverfahren einleiten könne.

18 Stimmen reichen nicht aus!

Sollte es zu einem Antrag zum Abwahlverfahren kommen, stellen 18/28 Räte zwar die Mehrheit aus dem Stadtrat dar, reichen aber nach KVG-LSA nicht aus.

Auch der Antrag selbst könnte knapp scheitern, so sagt das KVG-LSA, dass zur Antragstellung selbst eine 2/3 Mehrheit nötig ist. Das sind bei 28 Räten also 18,66 Räte, womit den Antragstellern, aufgerundet, vermutlich eine Stimme bereits fehlen könnte. Richtig schwierig wird es dann aber zum Beschluss selbst.

Für die Einleitung eines solchen Abwahlverfahrens müssen mit 21 Räten, mindestens ¾ der Räte zustimmen. Damit fehlen den Räten noch drei weitere Stimmen aus den Fraktionen der Linken oder Grünen.

Der Genthiner Bürgermeister hat sich zu den Rücktrittsforderungen bislang nicht öffentlich geäußert. Die Meetingpoint Redaktion hat ihn allerdings bereits, um eine Stellungnahme gebeten und schriftlich angefragt.

Fazit: Bürger haben schlussendlich das letzte Wort

Seit geraumer Zeit fährt der Genthiner Bürgermeister eigenwillig einen augenscheinlich engstirnigen Kurs, weshalb die Forderung der Räte eine Frage der Zeit gewesen ist, gerade auch weil Günther sich immer mehr darin geübt hat, seinen Räten zu widersprechen und den Willen der Stadträte nur sperrlich bis garnicht berücksichtigt hat.

Sollte der Stadtrat ein Abwahlverfahren beschließen, sind die Genthiner Gemeindebürger gefragt, die dann an die Wahlurne treten müssen.

Aber auch hier gibt es eine weitere nicht unergebliche Hürde. Denn wenn nicht mindestens 30% der wahlberechtigten Bürger an der Abwahl teilnehmen, scheitert die Abwahl von Matthias Günther, auch wenn es unter den Wählern eine absolute Mehrheit zur Abwahl Günthers geben sollte.

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