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SWM nimmt öffentlich Stellung zur Abwassereinleitung in die Elbe

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 15.07.2019 / 17:48 Uhr von rp/pm
Am Samstag wurde in Magdeburg, Abwasser in großen Mengen in die Elbe eingeleitet. Dazu hatte ein Bürger mehrere Medien über den Sachverhalt informiert und bei Facebook das eigens gedrehte Video hochgeladen. [Klick]. Dadurch und durch eine Anzeige wurde der Stein ins rollen gebracht, wodurch die Städtischen Werke Magdeburg nun sich um Aufklärungsarbeit bemühen. Folgende Stellungnahme haben wir eben per Mail von Anja Keßler-Wölfer von der SWM GmbH & Co. KG erhalten.

"Was ist am Wochenende passiert?

Am Wochenende wurde verdünntes Mischwasser in die Elbe entlastet. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus häuslichen Abwasser und Regenwasser. Aufgrund von Starkregen war das Mischwassersystem übervoll und wurde daraufhin abgeschlagen, das heißt in die Elbe eingeleitet. Dies passiert bei Starkregenereignissen. Das Abschlagen von Mischwasser ist behördlich genehmigt und entspricht dem Stand der Technik. Als Betriebsführerin erarbeiten die SWM Magdeburg eine Stellungnahme für die Wasserschutzpolizei und untere Wasserbehörde.

Unbefriedigend ist auch für uns, dass grobe Fremdstoffe wie Feuchttücher und Kondome abgeschlagen werden. Wir arbeiten an der Sensibilisierung unserer Kunden, damit die oben genannten Abfälle, aber auch Windeln, Tampons und Verbandmaterial nicht in der Toilette entsorgt werden, sondern mit dem häuslichen Restmüll.

Was ist ein Mischsystem?

Historisch wurden für die Abwasserentsorgung in Magdeburg, wie auch in anderen deutschen Städten, am Ende des 19. Jahrhunderts in so genannten Mischsystemen gebaut. Dort landet neben dem Hausabwasser auch das Regenwasser. In städtischen Randgebieten und Neubaugebieten der 1980er Jahre erfolgt die Abwasserentsorgung im so genannten Trennsystem. Das Niederschlagswasser wird über Regenwasserkanäle in Vorfluter – also Gräben und Bäche – in Gewässer geleitet. Das häusliche Abwasser wird über Schmutzwasserkanäle letztlich über die zentrale Mischwasserkanalisation und die beiden Hauptpumpwerke zum Klärwerk Magdeburg/Gerwisch transportiert, dort gereinigt und wieder in die Elbe geleitet.

Der Betrieb der Mischwassernetze aller Großstädte basiert auf der Ableitung und Zwischenspeicherung des Regenwassers in großen Kanalprofilen und je nach Größe des Ableitevermögens und des Speichervolumens der Ableitung der zwei- bis dreifachen Trockenwettermenge zum Klärwerk. Die Mischwassermenge, die über das verfügbare Ableitevermögen und Speichervolumen hinausgeht, wird dann über die Regenüberläufe in die Vorfluter abgeschlagen.

Auch in Magdeburg wird insbesondere bei größeren Regen stark verdünntes Abwasser in die Elbe eingeleitet, da das Kanalnetz nur eine bestimmte Abflussmenge weiterleiten kann. Im Klärwerk Magdeburg/Gerwisch können maximal 7.500 Kubikmeter Abwasser je Stunde behandelt werden.

Für alle Regenüberläufe werden von der zuständigen Wasserbehörde wasserrechtliche Erlaubnisse erteilt, in denen Anforderungen an die Einleitung gestellt werden. Hierbei werden Mengen und Frachten (Verschmutzung) für jeden Regenüberlauf entsprechend des Einzugsgebietes und des Versiegelungsgrades festgelegt.

Von der insgesamt 1019 Kilometer langem Kanalisation der Landeshauptstadt sind 293 Kilometer Schmutzwasser-, 318 Kilometer Regenwasser- und 408 Kilometer Mischwasserkanäle.

Was tun die SWM Magdeburg und die AGM Magdeburg, um solche Ereignisse zu verhindern?

Wir erweitern dort, wo es technisch möglich und sinnvoll ist, die Speicherkapazität im Kanalnetz mittels des Baues von Staukanälen und Regenrückhaltebecken.

Für alle neu auszuführenden Erschließungsmaßnahmen wurde und wird konform zum Leitbild der integralen Siedlungsentwässerung vorwiegend das Trennsystem für die Abwasserentsorgung gewählt. Dabei wird das Niederschlagswasser so weit wie möglich vor Ort zurückgehalten oder versickert, um den Aufwand für die Wasserableitung zu minimieren und die aufnehmenden Gewässer hydraulisch und stofflich zu entlasten. Dieses Bestreben zur weitgehend dezentralen Niederschlagswasserbeseitigung im direkten Umfeld ist ein Aspekt der ökologischen Stadterneuerung.

Warum wird der Abfall nicht an den Entlastungsrohren mit zum Beispiel mit Netzen aufgefangen?

Zumeist liegen diese Einleitbauwerke bei Mittelwasser der Elbe unter der Wasseroberfläche, sind also nicht ohne weiteres zu erreichen. Würden Netze oder Gitter angebracht, um den Müll aufzufangen, könnte sich unter Wasser am Ausgang eine Barriere aufbauen, die wie ein Korken den Ausfluss verstopfen würde. Dies hätte zur Folge, dass eine Entlastung nicht mehr stattfindet und ein Rückstau das Mischwasser über andere Ausgänge wie Gullys an die Oberfläche drückt.

Abfall in Kanalsystem verstopft immer wieder die Pumpen. Das erhöht den Wartungsaufwand und verursacht zusätzlichen Kosten für Instandhaltung, Energieverbrauch und Müllentsorgung. Jährlich fallen am Rechen im Klärwerk – das sind große Siebe – 500 Tonnen Müll aus Plastik, Feuchttüchern, Windeln, Kondomen und vielem mehr an. Auch Arzneimittelreste gehören nicht in die Toilette."

Bilder

Fotoquelle: Videoscreenshot aus dem Video von Thomas Tilsch
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