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Aktuelle Wolfsituation im JL

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 18.08.2018 / 09:05 Uhr von mz/pm
Im Juni vergangenen Jahres hat der Kreistag des Landkreises Jerichower Land eine Resolution verfasst, um auf die aktuelle Situation der beständigen Ausbreitung des Wolfes in der Region und der damit einhergehenden Probleme aufmerksam zu machen. Dazu informierte der Landkreis Jerichower Land nun ausführlich:

Grundsätzlich wurde den Ausführungen vorangestellt, dass die Rückkehr des Wolfes ein positives Zeichen ist.
Der Kreistag hat mit der Resolution die Kreisverwaltung gebeten, die Landesregierung und hier insbesondere die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie für die mit der Verbreitung des Wolfes einhergehenden Probleme zu sensibilisieren.

Die zentrale Forderung des Kreistages ist, die regionale Regulierung der Wolfsbestände als Präventionsmaßnahme und unbürokratische Hilfe bei der Regulierung der Schäden durch den Wolf.

Bislang verweist die Landesregierung immer noch auf den hohen Schutzstatus und darauf, dass ein Eingriff in die rasant steigende Population der Wölfe erst möglich sein wird, wenn der Fortbestand der Art als gesichert angesehen werden kann. Bedauerlich ist, dass sich bislang alle Ansätze der Vergrämung und damit Prävention nicht als effektiv erwiesen haben. Einige Projektmodelle zum besseren Schutz durch Einzäunung dokumentieren, dass das aufgebaute Wolfskompetenzzentrum im Land Sachsen-Anhalt sich um Lösungen bemüht. Bislang konstatieren jedoch Experten wie der Kreisjägermeister des Jerichower Landes Hartmut Meyer, „dass es keinen wirksamen Schutz von Nutztieren, insbesondere bei der Weidehaltung gibt.

Einschätzung Bauernverband Jerichower Land
In Möser hat ein Wolf bereits einen massiven 1,85m hohen Stahlzaun überwunden, um Schafe in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus zu reißen. Ein wirksamer Schutz ist schlicht nicht finanzierbar, weder für den Hobbytierhalter noch dem Landwirt.“ Peter Deumelandt Geschäftsführer des Bauernverbandes Jerichower Land merkt an, dass eine langfristige Koexistenz zwischen steigende Wolfsbeständen und Weidetierhaltung schwer möglich ist. Es ist erkennbar das es keine geeigneten und praktikablen Konzepte gegen Übergriffe gibt. Er ist sich sicher, dass der Wolf wieder lernen muss, dass Ortslagen und Weiden eine Gefahr für ihn darstellen.

Bisher 120 Wolfsrisse
Im Landkreis sind seit dem Jahre 2016 bereits 120 Nutztiere vom Wolf gerissen worden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich darüber liegen, da viele Tiere verschwunden sind und ein geforderter Nachweis damit nicht möglich ist.

Wir konstatieren, dass bislang nur wenig Fortschritt in der Angelegenheit erkennbar ist. Hinsichtlich der Regulierung ist der Weg zur Entschädigung weiterhin ein langwieriger. So sind Fälle bekannt, in denen es viele Schriftstücke und Monate dauerte bis das Geld beim Geschädigten ankam. Weiterhin gibt es keinen angemessenen Ausgleich wirtschaftlicher Verluste der Landwirte, so z.B. bei Zucht- und Muttertieren. Positiv bewertet der Landkreis jedoch das Engagement und die Beratung durch das Wolfskompetenzzentrum.

Kreisjägermeister Meyer weiß, dass Wölfe sehr intelligente Tiere sind.
Hartmut Meyer weist daher darauf hin: „Die Wölfe haben in den letzten Jahren gelernt, dass der Mensch keine Gefahr mehr darstellt und kommen uns deshalb immer näher. Wölfe merken sich, wo es in den Orten ein großes Nahrungsangebot gibt und lassen sich kaum abschrecken. Einige (Hobby-)Tierhalter haben bereits aufgegeben, weil der Wolf immer wieder „zugeschlagen“ hat. Wir müssen dem Wolf beibringen, dass er dem Mensch aus dem Weg gehen muss. Das geht nur wirksam, wenn sogenannte Problemwölfe geschossen werden.“

Landrat Dr. Steffen Burchhardt bewertet die gegenwärtige Situation wie folgt:
„Der Wolf gehört auch zu unserer Region und findet gerade auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow passende Lebensräume. Allerdings muss dafür Sorge getragen werden, dass der Wolf weiterhin Distanz zu Menschen und Siedlungsschwerpunkten bewahrt. Im Jerichower Land gibt es Tiere, die die Scheu vor dem Menschen verloren haben. Spätestens wenn Wölfe, wie hier häufig beobachtet, durch die Orte streifen und dort sogar Beute machen, ist das Land in der Pflicht mit geeigneten Mitteln diese Tiere zu vergrämen.“

Ein Problem ist aktuell das Wolfsmonitoring.
Wenn viele Monate nach der Rückkehr des Wolfs die Begegnung mit dem Tier zum Alltag wird, melden immer weniger Jäger und Einwohner die Kontakte. Das führt dazu, dass die aktuelle Zahl der hier lebenden und jagenden Tiere deutlich unterschätzt wird. Die wenigen Belege der Tierkameras reichen für eine fundierte Schätzung der Populationsgröße nicht aus. Wir bitten insbesondere alle Jäger auch weiterhin Ihre Kontakte und Funde anzuzeigen, um eine belastbare Aussage zur Entwicklung des Wolfsbestandes treffen zu können.

Starke Veränderungen durch Wolfsausbreitung
Nach Aussage der Jägerschaft im Jerichower Land hat die Ausbreitung des Wolfes in unserer Region zu starken Veränderungen geführt. Das Schwarzwild bildet zum Schutz immer größere Rotten und versteckt sich über einen langen Zeitraum inmitten von Maisfeldern. Rotwild, Damwild und Rehwild sind permanent im Fluchtmodus. Dadurch bedingt hat die Anzahl von Wildunfällen in den vergangenen 2 Jahren stark zugenommen.

Amtliche Statistik des Polizeireviers Jerichower Land
Die aktuellen Zahlen der Rotwildhegegemeinschaft Jerichower Land Nord machen aber auch auf ein anderes Phänomen aufmerksam. Der Wolf hat in kurzer Zeit das frei lebende Muffelwild in der Region ausgerottet. Es steht die Frage im Raum, warum eine Art streng geschützt wird, die eine andere komplett verdrängt. Allein in der Jagdsaison 2017/18 wurden 51 vom Wolf gerissene Muffel durch die Jäger entdeckt (sog. Fallwild). Die Muffel waren in mehreren Gebieten bei uns seit vielen Jahren heimisch. Insbesondere im Gebiet der Bundesforst bei Körbelitz stand ein Rudel. „Mittlerweile trifft man kein Tier mehr an – der Bestand scheint verschwunden“, so der Leiter des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt Rainer Aumann. Diese Entwicklung gab es auch in der sächsischen Lausitz und ist nun in unserer Region auch an den Streckenzahlen der letzten Jahre zu erkennen.

Streckenzahlen Schalenwild im LK JL von 2014/15 – 2017/18 Innerhalb von drei Jahren ist die Anzahl der geschossenen Muffel um 81% zurückgegangen, der Rückgang bei Rotwildstrecke betrug 56%, bei Damwild 40% und bei Rehwild 25%. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich beinahe die Strecke beim Schwarzwild. Die untere Jagdbehörde stellt fest, dass sich Schwarzwild weiterhin rasant vermehrt, auch weil es aufgrund der Wehrhaftigkeit nicht zur bevorzugten Beute des Wolfes gehört. Die Kreisverwaltung hält es mittlerweile für nötig, dass die Schwarzwildpopulation drastisch reduziert wird. Zum einen aufgrund der immensen Wald- und Flurschäden, zum anderen um eine mögliche, sich von Osteuropa ausbreitende Schweinepest besser kontrollieren zu können.

Der Landkreis Jerichower Land gehört momentan zu den Regionen mit der höchsten Wolfsdichte in Deutschland.
Landrat Dr. Burchhardt resümiert: „ Hier wird sich zeigen, wie Mensch und Wolf miteinander leben können. Der Wolf darf nicht verteufelt, aber auch nicht verniedlicht werden. Die Landesregierung muss dieses Thema und die Sorgen der Menschen ernst nehmen und die weitere Entwicklung mit geeigneten Maßnahmen verantwortungsvoll begleiten. Hierzu gehört auch ein deutlich höheres finanzielles Engagement. Ein professioneller Umgang mit dem Thema führt auch zur höheren Akzeptanz des Wolfes in der Bevölkerung.“



Bilder

Anlage 3, Quelle: LK JL
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